17.06.2006 - BILDUNG

Gymnastik für das Gehirn

LERNTECHNIKEN. Vor allem Bilder verankern neue Inhalte im Kopf - und halten sie dort auch auf Dauer fest.

VON CLAUDIA DABRINGER

Ich habe in vier Semestern Sportwissenschaften, Geografie und Pädagogik studiert. Hätte ich meine Lerntechniken nicht gehabt, hätte mein Studium länger gedauert", erzählt Walter Pötsch, Gedächtnistrainer und Brainjuggling-Erfinder. Er ist das lebende Beispiel dafür, dass das Anwenden von Lerntechniken das Aufnehmen von Inhalten um einiges effizienter macht. Trotzdem hat Pötsch andere Erfahrungen gemacht: "Viele Merkstrategien werden einfach nicht angewandt, vielleicht auch, weil sie so banal klingen."

Bilder im Kopf

Sich neue Informationen dauerhaft zu merken, gelingt am einfachsten durch Bilder. Wenn man Daten, Fakten oder auch Namen mit bereits bestehenden Vorstellungen im Kopf verknüpft, werden rechte wie linke Gehirnhälfte gefordert. Die linke Gehirnhälfte ist zuständig für Texte, Zahlen und Logik, die rechte speichert Bilder, Farben oder Musik. Kann man beim Lernen beide ansprechen, bleibt mehr hängen. "Schon im alten Rom verwendete man die Loci-Methode. Dabei stellt man sich einen Weg vor, an dem verschiedene Fixpunkte positioniert sind. Will man dann Inhalte abrufen, braucht man sich nur an den Weg und seine Stationen erinnern, und das Wissen ist präsent", erklärt Tatjana Planer, Kinesiologin und Lernberaterin am vhs polycollege Stöbergasse. Diese Methode ist auch unter den Namen Wegetechnik oder Wissenswanderung bekannt.

"Jeder Mensch hat ab einem bestimmten Alter eine unverwechselbare Lerngeschichte mit individuellen Präferenzen", sagt Werner Stangl, Assistenzprofessor am Institut für Pädagogik und Psychologie der Johannes Kepler Universität Linz. Grundsätzlich gilt: "Die Gesetzmäßigkeiten des Lernens sind in allen Altersstufen mehr oder minder gleich." In der einschlägigen Literatur taucht immer wieder folgendes Modell dazu auf: Hört man etwas, bleibt 20 Prozent davon hängen; sieht man etwas ausschließlich, erinnert man 30 Prozent. Kombiniert man beides, ist das schon die halbe Miete. Tut man sich in einer Lerngruppe zusammen und übt beispielsweise etwas, bleiben 70 Prozent haften, entscheidet man selbst über den zu lernenden Inhalt, stehen die Chancen 90:10. "Empirisch ist das allerdings nicht zu überprüfen. Trotzdem regt es dazu an, mehrere Zugangsweisen zu bestimmten Lerninhalten zu suchen", sagt Stangl.

Training mit X-Faktor

Ein wesentlicher Faktor beim Lernen ist die Konzentration. Gedächtnistrainer Walter Pötsch hat deshalb Brainjuggling erfunden: "Das Jonglieren mit drei Bällen regt die Durchblutung an, pumpt Sauerstoff ins Gehirn und synchronisiert es in Stresszeiten." Nach rund 30 Minuten Kopfarbeit empfiehlt Pötsch zwei bis vier Minuten Hand- und Ballarbeit, "deshalb gehören Jonglierbälle auf jeden Schreibtisch." Eine andere Möglichkeit, die Konzentration zu fördern, ist Brain Gym oder educational kinesiology. Das Ziel: die Kooperation von Geist und Körper zu verbessern. Unterschiedliche körperliche Übungen helfen dabei, einfacher und besser lernen  zu können.

Ausgangspunkt ist ein Muskeltest, der überprüft, ob die beiden Gehirnhälften zusammenarbeiten. Aufbauend darauf werden dann die Übungen entworfen. "Bei Konzentrationsschwäche beispielsweise führt man abwechselnd das rechte Knie zum linken Ellbogen und das linke Knie zum rechten Ellbogen.", erklärt Tatjana Planer. Wem der Platz dafür fehlt, kann auch an ein X denken, "und schon wird er sich besser konzentrieren können", sagt Planer.

http://www.brainjuggling.com
http://www.polycollege.at
http://www.stangl-taller.at
http://www.jku.at


Quelle: Die Presse vom 17. Juni 2006

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