UNI vom 22. 6. 1999

A. UNIV.-PROF. DR. WALTER ÖTSCH, Institut für Volkswirtschaftslehre

Interdisziplinäres Zentrum für Soziale Kompetenz

An der Johannes Kepler Universität wurde heuer im April ein Interdisziplinäres Zentrum für Soziale Kompetenz eingerichtet. Die Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche (Sowi) Fakultät setzt damit eine - österreichweit bisher einzigartige - Initiative.

Wie es dazu kam

Im November 1997 fand an der Universität Linz ein bemerkenswertes Treffen statt: Der Vorstand der Voest-Alpine Stahl setzte sich mit den Vorsitzenden der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Studien in Linz zusammen, um über die Zukunft der Uni zu diskutieren. Die Wirtschaft will mehr "soziale Kompetenz" der Absolventen; und das mit Vehemenz. Für die Ausübung hochqualifizierter Tätigkeiten seien "soziale Kompetenzen" unverzichtbar.

Wenige Tage nach diesem Treffen diskutierte ich dieses Ergebnis in einer privat organisierten Gruppe von Wirtschaftswissenschaftern und Unternehmens- und Organisationsberatern, die sich alle paar Monate traf, um sich über neue Trends in der Wirtschaft auszutauschen.

In diesem Forum stellte ich die Frage: in welcher Weise müßte sich die universitäre Ausbildung reorganisieren, um ihr Qualifikations-Profil im Bereich sozialer Kompetenz zu erhöhen? Nach einem Tag intensiver Diskussion war die Idee einer neuen Organisationsform geboren: ein Zentrum für soziale Kompetenz, und zwar nicht als neues Institut neben den bestehenden Fachinstituten, sondern als Plattform für eine Zusammenarbeit von Instituten über wissenschaftliche Fachgrenzen hinweg.

Ein solches Zentrum sollte

Im Jänner 1999 stellte ich diese Idee einigen Personen an der Universität vor, die zu meiner Verwunderung fast alle positiv reagierten. Prof. Helmut Schuster als Sowi-Dekan lud spontan eine Gruppe interessierter Personen in seine "Ranch" ein. Im April 1999 setzte die Fakultätskommission eine offene Arbeitsgruppe ein, die über den Sommer unter der Federführung von Professor Rudolf Ardelt (Institut für Zeitgeschichte) die Statuten erarbeitete.

Die Struktur

Das Interdisziplinäre Zentrum für Soziale Kompetenz wurde von der Fakultät für fünf Jahre eingesetzt. Alles weitere ist von einer positiven Evaluierung abhängig. Das Kontrollgremium ist die Zentrumsversammlung aller Mitglieder (zur Zeit bereits 44 Personen). Das operative Organ ist das Direktorium. Wissenschaftlicher Leiter ist Professor Herbert Altrichter (Institut für Pädagogik und Psychologie), seine Stellvertreterin Brigitta Nöbauer (Institut für Unternehmensführung). Weitere Direktoren sind die Professoren Gerhard Kette (Institut für Pädagogik und Psychologie), Walter Ötsch (Institut für Volkswirtschaftslehre) und Gerhard Reber (Institut für Unternehmensführung, Institut für Fachsprachen).

Die Vorhaben

Es sollen die bestehenden Lehrveranstaltungen koordiniert und erweitert werden. Mittelfristig soll ein eigenes Curriculum "Soziale Kompetenz" mit Zertifikat angeboten werden. Für die Reorganisation der Lehre insgesamt ist die aktive Teilnahme an der laufenden Studienplanreform-Debatte wichtig. Im neuen Studienplan "Wirtschaftswissenschaften" soll es neue Unterrichtsformen, z. B. Intensivkurse geben, bei denen Fachinhalte so zu vermitteln sind, daß zugleich die soziale Kompetenz geschult wird.

Für ein solches Vorhaben müssen die hochschuldidaktischen Fähigkeiten von HochschullehrerInnen gefördert werden. Ab Herbst geplant:

(a) Trainingsangebote im Bereich der Hochschuldidaktik, insbesondere für angehende HochschullehrerInnen,
(b) ein monatlicher "Jour fixe" didaktische Kompetenzen.

Im Bereich der Forschung soll das unscharfe Konzept "Soziale Kompetenz" genauer gefaßt und entwickelt werden. Dazu wird ein Forschungsprojekt beim Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, die Ausschreibung von Diplomarbeiten und weitere Forschungsvorhaben initiiert. Als erste Veranstaltung findet Anfang Oktober ein Workshop "Begriffsbestimmung soziale Kompetenz" statt.

Das Interdisziplinäre Zentrum für Soziale Kompetenz wird auch im Bereich der Weiterbildung für AbsolventInnen tätig werden. Geplant sind Trainings, Workshops und Diskussionsveranstaltungen gemeinsam mit externen Theoretikern und Praktikern. Den Kontakt nach außen soll auch ein Beirat sichern, der sich zur Zeit etabliert und mit Vertretern der Wirtschaft, der Verwaltung und der Interessenvertretungen besetzt sein soll.

Das neue Zentrum an der Universität Linz wird nur dann erfolgreich arbeiten können, wenn es weiter gelingt, viele Interessierte zu einer aktiven Mitarbeit anzuregen. Diesem Zweck dient auch ein "Come together" am 29. Juni ab 17 Uhr im Repräsentationsraum G an der Linzer Uni, zu dem auch Interessierte und Studenten herzlich eingeladen sind. Anmelden kann man sich bei Thomas Kloimwieder, Institut für Unternehmensführung, Tel. 0 73 2 / 24 68-91 14

E-Mail: thomas.kloimwieder@jku.at

Weitere Informationen zum Zentrum unter: http://www.economics.uni-linz.ac.at/icsc


Quelle: http://www1.oon.at/public/wrapper/dcarchiv.html?query=-shlyc:client/ooen/ooen/textarch/j1999/q2/m06/t22/pu/s014/003_001.dcs&ausgabe=U/UNI&datum=22.06.1999&seite=OÖN