Der Behaviorismus

Als Begründer des Behaviorismus (von behavior = Verhalten) gilt der amerikanische Psychologe JOHN B. WATSON: In der Einleitung zu seinem Buch "Psychology from the standpoint of a behaviorist" (1919) schreibt er:

"Der Leser wird keine Diskussion des Bewußtseins finden und auch nicht die Begriffe wie Empfindung, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Vorstellung, Wille usw. Diese Worte haben einen guten Klang; aber ich habe festgestellt, daß ich auf sie verzichten kann ... Offengestanden weiß ich nicht, was sie bedeuten. Ich glaube auch nicht, daß irgend jemand sie in stets übereinstimmender Weise zu gebrauchen vermag."

WATSON spricht sich dafür aus, die psychologische Forschung rein auf beobachtbares Verhalten zu beschränken. Das Leitbild des Behaviorismus ist eine Psychologie, die ausschließlich auf durch einen außenstehenden Beobachter feststellbaren Verhaltensweisen basiert. WATSON kritisiert vor allem die Methode der Introspektion (Selbstbeobachtung), die er dafür verantwortlich macht, daß sich die Psychologie seiner Zeit in einer Fülle von spekulativen Fragen verstrickt hatte.

Im Prinzip versucht der Behaviorist den Organismus (sowohl den menschlichen als auch den tierischen) nach dem Vorbild einer Maschine zu verstehen. Einer Maschine allerdings, in die er nicht hineinsehen kann ("black box"), sondern deren Funktionsweise nur aus dem Input (Reize) und dem Output (Reaktion) zu erschließen ist. Psychische Vorgänge werden dabei also in Reiz-Reaktions-Verbindungen aufgelöst (daher auch die Bezeichnung "Reiz-Reaktions-" bzw. "Stimulus-Response-Psychologie). Interessant für den Behavioristen sind vor allem die Gesetzmäßigkeiten zwischen Reiz und Reaktion, die Gesetze des Verhaltens.

Deutlich wurden wahrscheinlich bei dieser kurzen Darstellung der Grundzüge des Behaviorismus Unterschiede und Übereinstimmungen zu den in den vorangegangenen Abschnitten vorgestellten wissenschaftstheoretischen Positionen. Der Behaviorismus erscheint als Absage an die idiographische Wissenschaftsauffassung: weder Hermeneutik noch Phänomenologie entsprechen der Forderung nach Reduktion aller Begriffe auf Beobachtbares. So wird auch oft der Behaviorismus generell mit der empirisch-analytischen Sichtweise gleichgestellt. Hinter der Reduktion aller psychischen Phänomene auf beobachtbares Verhalten bei WATSON steht aber offensichtlich die Auffassung, man könne der Natur ihre Gesetze "ablauschen", also eine "Glaubensprämisse" des naiven Empirismus. In einer Folgezeit entwickelte sich der Behaviorismus immer mehr in Richtung logischer Empirismus. Hier wie dort finden wir eine strenge Orientierung an naturwissenschaftlichen Methoden und den Glauben an die Induktion: die Verallgemeinerung individuell beobachtbaren Verhaltens, die empirische Verifizierbarkeit allgemeingültiger Gesetze.

Die Verfechter des klassischen Behaviorismus verbindet vor allem auch das Festhalten an der experimentellen Methode, aber auch die Auffassung, daß es eine Kontinuität zwischen tierischem und menschlichem Verhalten gibt. Aus diesem Glauben schöpft der Behaviorismus die Berechtigung, Versuchspersonen durch Versuchstiere zu ersetzen und tierexperimentelle Ergebnisse auf menschliches Verhalten zu verallgemeinern. Im Behaviorismus findet man die mechanistische Weltsicht von DESCARTES (1596-1650) wieder, die Vorstellung vom Mensch als Maschine, den Vergleich eines lebenden Organismus mit einem Uhrwerk.


Quellen: Stigler, Hubert (1996). Methodologie. Vorlesungskriptum. Universität Graz.
WWW: ftp://gewi.kfunigraz.ac.at/pub/texte/meth.doc (98-01-03)
Stangl, Werner (1997). Zur Wissenschaftsmethodik in der Erziehungswissenschaft. "Werner Stangls Arbeitsblätter".
WWW: http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/INTERNET/ARBEITSBLAETTERORD/Arbeitsblaetter.html