[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Hemmende Rahmenbedingungen bei der Einführung des internet an österreichischen Schulen

Inhalt


Im Zuge einer Erhebung zum Stand der Einbindung des internet in den Unterricht wurden mittels eines elektronisch übermittelten Fragebogens alle 260 österreichische Schulen mit eigener homepage befragt. 26 Prozent dieser Schulen waren bereit, an der Untersuchung mitzuwirken und stellten Informationen zur Verfügung (Werner Stangl 1998, 1999).

Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, daß in den Medien kolportierte Jubelmeldungen wie "1000 der 6000 Schulen im Netz" oder "Globale Klassenzimmer" die Tatsache verschleiern, daß bis auf wenige Ausnahmen das internet an Österreichs Schulen kaum oder gar nicht genützt wird. Für die "normalen" SchülerInnen und LehrerInnen gibt es das internet an den Schulen de facto nicht. Wenn daher nach Aussage von Bundesministerin Gehrer (1997) der Umgang mit neuen Informationstechnologien jene vierte Kulturtechnik ist, die jeder Mensch in Zukunft beherrschen muß, dann sind unsere Schulen derzeit wenig bis gar nicht dazu in der Lage, diese zu vermitteln.

Zwar gibt es seit Mitte 1998 einige von behördlicher Seite und geschäftstüchtigen Providern unterstützte Aktionen (Austrian School Network - ASN, Black*Board, education highway Oberösterreich, Netway ), allerdings treffen diese auf Schulen, die weder technologisch noch personal dem Medium gewachsen sind. Diese Maßnahmen sind manchmal geeignet, die bisherigen Privatinitiativen zur internet-Verwendung in den Schulen eher zu behindern als zu fördern.

Ziel des folgenden Textes ist es, aktuelle Probleme und Schwachstellen bei der Einführung des internet an Österreichs Schulen aufzuzeigen und Möglichkeiten vorzuschlagen, wie diesen Hemmnissen zu begegnen wäre.

Im Anschluß an Überlegungen Nicola Dörings (1997) werden jene Rahmenbedingungen diskutiert, unter denen internet-gestützter Unterricht schon im Vorfeld mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt ist. Ich werde diese Bedingungen vorrangig aus der Perspektive der LehrerInnen beschreiben, da es diese sind, die zuerst in Bezug auf die Einbindung des internet in den Unterricht gefordert sind und schließlich die internet-Kompetenzen ihren SchülerInnen vermitteln müssen. Diese Rahmenbedingungen werden hier aus Gründen der Darstellung analytisch getrennt, wobei aber im Auge behalten werden sollte, daß sie alle miteinander zusammenhängen und sich gegenseitig potenzieren können. Auch werde ich nur am Rande auf rein technische bzw. ausstattungsmäßige Belange eingehen, wenngleich diese natürlich als wichtige Bedingungen für einen erfolgreichen internet-Einsatz zu gelten haben. Erhebungen über technische Ausstattungen sagen ohnehin wenig über deren Nutzung aus: ich habe eine Schule kennengelernt, die einen - in Ziffern 1 - schon einige Jahre alten PC in der Direktion stehen hatte, der deshalb nicht genutzt wurde, weil er "so seltsam riecht, wenn er eingeschaltet wird".

Sofern die aus den diskutierten Problemen resultierenden und m.E. notwendigen Veränderungen bzw. Lösungen nicht ohnehin offensichtlich sind, werden zu den einzelnen Punkten auch konkrete Lösungsvorschläge entwickelt, wie den Schwierigkeiten zu begegnen wäre. Ich werde zwar versuchen, den net-Jargon weitgehend zu vermeiden, allerdings richtet sich das vorliegende paper weniger an den newby;). Die hier zitierten Quellen und der O-Ton der aktuellen Diskussionen stehen exemplarisch für die an den Schulen erlebte Vernetzung. In Zitaten aus dem internet wurden die *netueblichen* Schreibweisen der Originale beibehalten (Umlaute, unvollständige Sätze, Tippfehler), was auch für die englischen Fachtermini gilt, die durchgehend klein geschrieben werden. 


Der internet-Zugang ist beschränkt

Seit der eigenen Erhebung sind eineinhalb Jahre ins Land gegangen und zahlreiche öffentliche und kommerzielle Initiativen (Austrian School Network - ASN, Black*Board , education highway Oberösterreich, Netway) trieben die Einführung des internet vehement voran - die sogenannten internet-Schulen sind nach Aussagen mancher BildungspolitikerInnen heute gewissermaßen die Regel. Die aktuelle Statistik des Ministeriums zeigt, daß einige Schultypen tatsächlich zu 100 Prozent an das internet angeschlossen sind. Damit scheint eine nach Nicola Döring (1997) wesentliche negative Rahmenbedingung - die quantitative Komponente der Ausstattungen - zumindest prima vista beseitigt: "Wenn zu wenig Rechnerarbeitsplätze zur Verfügung stehen, Computerräume selten geöffnet sind, Telekommunikationskosten die Online-Zeit eng begrenzen oder es inhaltliche Einschränkungen und Kontrollen der Netznutzung gibt, haben Lernende kaum Gelegenheit, in Ruhe die Möglichkeiten des Netzes zu explorieren, Internet-Interesse und Eigeninitiative zu entwickeln".

Zu diesen Lernenden sind zunächst auch die LehrerInnen zu zählen, denn es kann nicht erwartet werden, daß diese privat oder anderweitig über einen Zugang verfügen und diesen für schulische Zwecke auch nutzen. In der eigenen Untersuchung wurde als Hinderungsgrund für die Anschaffung eines privaten net-Anschlusses immer wieder die im Rahmen der letzten Steuerreform abgeschaffte Absetzmöglichkeit der Kosten für ein Arbeitszimmer genannt.

Man findet hinsichtlich der technischen Ausstattungen der Schulen in Österreich eine sehr breite Streuung. So besitzt etwa die HTBL Hollabrunn über eine 64 (bald 128) kbit/s Standleitung ins Schulrechenzentrum Wien, über 150 voll internettaugliche PCs, neben WWW auch FTP, NNTP, TELNET, Mail-Server, Proxy, DNS im eigenen Haus. Andere - und das ist die Mehrzahl der Schulen - besitzen oft nur einen einzigen für LehrerInnen kaum zugänglichen Direktions-PC, der über Modem am net hängt. Diese letzte eher typische Situation in den Schulen führt dazu, daß das internet nur von wenigen SchülerInnen bzw. LehrerInnen - und das meist außerhalb des Unterrichts - genutzt wird. SchülerInnen verwenden ihn gelegentlich zur Vorbereitung eines Referates, zur Darstellung der Schule oder zu ihrer eigenen Selbstdarstellung, sehr wenige LehrerInnen nutzen diesen Computerarbeitsplatz zur Vorbereitung ihres Unterrichts. Wie ich aus zahlreichen privaten mails von LehrerInnen und DirektorInnen weiß, ist allein die Organisation des Zuganges etwa an Wochenenden oder in der schulfreien Zeit ein unüberwindliches Hindernis.

An vielen Schulen waren die ersten Anbindungen an das internet durch Initiativen einzelner LehrerInnen zustande gekommen, wobei Universitäten, Pädagogische Akademien, Forschungseinrichtungen und in seltenen Fällen einige kommerzielle Unternehmen als kostenlose Provider auftraten. Manchmal mußte auch der Firmen-PC von LehrergattInnen dafür herhalten, die Schule oder eine Klasse im internet zu präsentieren. Solche Initiativen waren und sind allerdings von den noch immer laufenden Vernetzungswellen (s.o.) bedroht, denn vermutlich kann das meiste aus Kompatibilitätsgründen nicht in das geplante Einheitsnetz übernommen werden. So fand sich in einer mailinglist ein massiver Hinweis darauf, daß eine verordnete Vernetzung nicht immer willkommen ist, zumal Zweifel an den Realisierungsmöglichkeiten der Vorgaben bestehen aber auch Sicherheitsbedenken auftauchen:

Gemaess Mitteilung des LSR fuer ***. werden bis MAI 98 (!) alle hoeheren Schulen Oesterreichs mit dem CNA vernetzt (Communal Network Austria - noch nie gehoert - muss es aber geben) Der naechste Knoten ist jeweils die Bezirkshauptmannschaft oder deren Pendant, die Telekom will dafuer 4000.- ATS pro Standleitung (ohne Gewaehr auf genaue Betraege!). Es duerfte sich um eine ISDN Leitung handeln, da beabsichtigt ist: eine Leitung zum Administrator - fuer die neue Abrechnung ab HERBST ! eine Leitung fuer den Internetzugang ACONET Damit duerfte der Wunsch - alle Schulen ins Internet - erfuellbar sein, wenn auch noch niemand weiss, wer die Leitungsgebuehren uebernehmen soll.

Warum glaeserne Schule? Das neue UPIS RAP (ich weiss nicht, was RAP heisst) ist die Software, die ab Herbst jeden Administrator online mit dem Bundesrechenamt in Wien verbindet. Alle schulrelevanten Daten (Lehrfaecherverteilung, Stundenplan, Supplierplan, Krankenscheinabrechnung etc.) sind staendig zu uebermitteln und stehen dann auch dem LSR/SSR auf Knopfdruck zur Verfuegung.
1. Geruecht: geschaetzte Soft- und Hardwarekosten 60 Millionen ATS
2. Geruecht: die neue Software soll alles koennen, was bisher UPIS, Mentor, Untis und Present von Gruber&Petters konnte

Es wird interessant, wenn man bedenkt, daß bis Mai nur noch 3 Monate sind. Die Ausschreibung des letzten EDV Saales fuer AHS hat allein 9 Monate gedauert und derzeit ist mir aber nichts von einer Ausschreibung bekannt - oder hat jemand etwas davon gehoert?

Auch die Software muesste bis Mai wenigstens probeweise funktionieren und bis Anfang September aber sicher ( zu bedenken waere, daß waehrend der Sommerferien kaum jemand zum Testen in der Schule bleiben wird, dann bleibt nur noch der JUNI !!!!)

Obwohl natürlich die Anzahl der Computer an einer Schule von Bedeutung ist, inwieweit das internet genutzt werden kann, sollte vermehrt der Möglichkeit des Zuganges für Lehrende und Lernende das Augenmerk geschenkt werden. Wenige jederzeit frei zugängliche internet-Stationen, etwa wie sie an der Universität des Autors vorhanden sind, werden die internet-Nutzung mehr befördern als vielleicht fünf mit der neuesten Technik ausgestattete Multimediaklassenzimmer, die nur zu bestimmten Stunden zugänglich sind.

Der internet-Zugang ist reglementiert

Das internet ist ein Medium, das sich schnell entwickelt und ständig verändert. "Internet-Angebote sind nicht in Stein gemeisselt oder auf Platten gepresst, sie können laufend verändert und korrigiert werden. Dies führt zu grundsätzlich neuen Denk- und Handlungsweisen und zu einem Entwicklungstempo, das die Schule bisher nicht kannte. Im internet rechnet man mit Hundejahren: Ein astronomisches Jahr sind sieben Internet-Jahre. Es bleibt keine Zeit für lange Evaluationen von Hardware, für jahrelange Versuchsbetriebe, für die Produktion von Sekundärliteratur, die beim Erscheinen schon veraltet ist. Es braucht den Mut zum "Learning by doing" und zum "Trial and Error". Den Schülern wird dabei nichts passieren." (Wolfgang Frei 1997)

Gerade der Wildwuchs ist eines der hervorragenden Kennzeichen des internet, auch wenn hierzulande massive Befürchtungen in dieser Richtung schon zu Maßnahmen führen, die vermutlich mit dem Unkraut auch gleich die Nutzpflanzen ausrotten werden. So wird etwa in Oberösterreich ein behördlich reglementierter Zugang propagiert, der mit dem Argument des Schutzes und der Sicherheit seinen NutzerInnen die Verantwortung für ihr Tun abnehmen will.

Etwas vorsichtiger und optimistischer formuliert wird z.B. in der Schweiz (Ohne Autor 1997): "Im Allgemeinen hat das Internet bei einer beaufsichtigten Nutzung durch die Lehrkräfte nur Vorteile, doch gilt es natürlich auch zu beachten, daß alle Seiten des Internet für die Schüler/innen zugänglich sind und eine zum Teil aus meinen Augen nötige Zensurregelung noch nicht definitiv gelöst werden kann. Andererseits darf glaube ich auch von einer gewissen Selbsterziehung der Schüler/innen ausgegangen werden im Umgang mit dem neuen Medium".

Friedrich Achtstätter vom Oberschulamt Karlsruhe zeigt hingegen pädagogischen Optimismus: "Da eine Kontrolle über die Daten im Internet praktisch nicht möglich ist, geht man als Lehrer die Gefahr ein, daß Schüler auf gewaltverherrlichende, pornografische oder andere gefährliche Schriften stoßen. Die Erfahrung zeigt, daß dies aber nicht zufällig geschieht, meist geht eine gezielte Suche voraus. Es ist empfehlenswert, daß der Lehrer im Online-Betrieb dabei ist und so die Kontrolle behält, gute Arbeitsaufträge halten die Schüler sowieso von riskanten Ausflügen im WWW ab. Wenn doch eine problematische WWW-Seite gefunden wird, kann der Lehrer in einem Gespräch mit den Schülern darüber erzieherisch tätig werden" (Friedrich Achtstätter 1996).

Zur Illustration mögen die geneigten LeserInnen einen Blick in das Heft 1/1998 der Zeitschrift medien+erziehung werfen, in denen sich alle Beträge über das internet beinahe ausschließlich mit den Gefahren des nets auseinandersetzen - etwa mit Hackern, Datenklau, Unsicherheit bei der Datenübertragung, Pornographie, Nazi-Propaganda usw. beschäftigen. So ist es nicht allzu verwunderlich, daß LehrerInnen ein schiefes Bild vom net und seinen Möglichkeiten bekommen.

Eine andere - eher kuriose - Art des Sicherheits- (oder doch Kommerz)denkens findet sich auf der homepage einer Lehrerinitiative - in .de und nicht .at (Hervorhebungen von mir):

"Zugriff auf die lehrerspezifischen Bereiche der Lehrer-Netz-Mailboxen erhalten nur Lehrer, die sich als solche ausgewiesen haben. Nach Anmeldung als User in einer der fünf Mailboxen teilen Sie dem Mailboxbetreiber (SysOp =System Operator) die Telefonnummer Ihrer Schule mit oder senden diesem eine Bescheinigung Ihrer Schule zu, damit Ihr Lehrerstatus überprüft und Ihr Zugriff auf alle lehrerspezifischen Bereiche freigeschaltet werden kann. Dadurch wird gewährleistet, daß nur Lehrer fachspezifische/pädagogisch relevante Diskussionen führen und Materialien austauschen können, die nicht für Außenstehende bestimmt sind. In anderen Netzen (z. B. Deutschen Schulnetz, Domain SCHULE.DE des InterNet) kann diese Zugriffssicherheit nicht garantiert werden!" (Das Lehrer-Netz).

Da hat wohl jemand das net mißverstanden. Aber auch in .at habe ich manche Ansätze zu diesem Kastendenken gefunden, das von geschlossenen Schulnetzen bis zu nur gegen Bezahlung lieferbare pages reicht. Eine solche unsinnig-anachronistische Reglementierung und Abschottung der Schulen vom net und Verhinderung des Zugriffs auf die eventuell zu produzierenden Daten wird in einer neueren Presseunterlage zur Pressekonferenz am 23.2.1998 zum "Education highway Oberösterreich" auch noch besonders hervorgehoben:

Vernetzung aller Schulen auf Basis der Intranet-Technologie: Intranet bedeutet, daß Inhalte nur über das geschlossene und sichere Netz des Education highway Oberösterreich zum Teilnehmer gelangen können. Ein "Firewall-Rechner" schützt das Intranet vor unberechtigten Zugriffen aus dem Internet. So wird verhindert, daß illegale Inhalte im Netz des Education Highway präsentiert werden können. Umgekehrt ist aber ein Zugang über das Intranet zum Internet möglich. Diesen können Lehrer auch von Zuhause nützen.

Viele unserer Schulen bewegen sich also nicht auf einem highway, sondern bestenfalls auf einer Land-, wenn nicht auf einer Dorfstraße ;-) Wie in .at üblich, genügt natürlich nicht eine bloße Reglementierung, sondern es muß auch noch eine Kommission dafür eingesetzt werden:

Wer darf welche Informationen und unter welchen Bedingungen über den Education highway transportieren? Zur Bearbeitung dieser wichtigen Fragen hat Landesschulratspräsident Dr. Johannes Riedl einen Pädagogischen Beirat gegründet. In ihm sind interne und externe Experten und die Schulpartner vertreten.

Wie es unserem obrigkeitsstaatlichen Denken entspricht, ist man schließlich auf diese Lösung noch so stolz, daß auch die allerhöchste Billigung nicht unerwähnt bleibt: "Seitens des Unterrichtsministeriums wurde bereits anerkennend festgestellt, daß dieser oberösterreichische Weg der elektronischen Vernetzung vorbildlich ist".

Benutzungsberatung steht nicht zur Verfügung

In der eigenen Untersuchung (Werner Stangl 1998) standen an der Spitze der Fragen, die Schulen zur Nutzung des internet haben, organisatorische und finanzielle: "...wer übernimmt in anderen schulen die entstehenden kosten? wer macht die netzwerkbetreuung? wer übernimmt notwendige finanzielle aufwendungen?"

Mit der Installation eines Computers und dem Anschluß an das internet ist es nämlich nicht getan. Wie jede Arbeit am Computer kommt es zu unvorhergesehenen "Störfällen", sodaß Installations-, Bedienungs- oder sonstige Probleme bei der internet-Nutzung meist eine rasch verfügbare kompetente Betreuung erfordern. In solchen Situationen alleingelassen zu sein, ist für alle Beteiligten frustrierend. Die Organisation einer leicht zugänglichen Benutzungsberatung (z.B. durch andere LehrerInnen, spezielles Betreuungspersonal) ist daher außerordentlich wichtig, wenn LehrerInnen das net in ihre Unterrichtstätigkeit integrieren wollen. Auch in diesem Zusammenhang wurden in einschlägigen mailinglists die kontraproduktiven Sparmaßnahmen des Ministeriums diskutiert.

Das Aufgabenspektrum solcher Betreuer umfaßt u.a. folgende zeitraubende und aufwendige Tätigkeiten, die rund um eine Nutzung des internet entstehen: Hardware-Reparaturen, Gerätestörungen (Papierstau, Toner-, Tintenaustausch, Rechnerabsturz), regelmäßige Datensicherung, Konfigurationreparaturen (verstellte Drucker, Bildschirme, Initialisierungsdateien etc.), regelmäßige Aktualisierung ("Update") von System- und Anwendersoftware, Software-Reparaturen, Störungen aller Art suchen und beseitigen (häufig ist auch der Rechnerbetreuer überfordert!), Benutzerverwaltung etc.

Allgemeine Computer-Kompetenz fehlt

Immer wieder äußerten LehrerInnen Wünsche nach einschlägiger Fort- und Weiterbildung, wobei neben dem Erwerb technischen Wissens auch der Erwerb der notwendigen sozialen Kompetenzen als notwendig angesehen wurde. Viele Antworten zeigten die Kommunikationsbedürfnisse der LehrerInnen zu diesem Aspekt auf, wobei in der Untersuchung auch der (soziale) Vergleich eine Rolle spielen mag: "welche erfahrungen haben andere kollegen mit der internetnutzung in der hs? welche erfahrungen gibt es vor allem andere kolleginnen und kollegen in diese arbeit mit einzubeziehen?"

Die internet-Nutzung im Unterricht ist notwendigerweise an eine allgemeine Kompetenz im Umgang mit Computern gebunden. Dieses Wissen und Können ist ein entscheidender Faktor dafür, ob, in welchem Ausmaß und mit welchem Erfolg das internet im Unterricht eingesetzt werden kann. Hierbei ist auf Seiten der Lehrenden zu differenzieren zwischen Kompetenzen technischer und didaktischer Art.

Im Rahmen der Studie "Computers in Education" (COMPED) wurde vor einigen Jahren die Computeranwendung bei 4500 Lehrern aus der Unter- und Oberstufe untersucht. Es zeigte sich, daß nur ein geringer Prozentsatz aller derzeit im Dienst stehenden österreichischen Lehrer an der Universität oder in der Pädagogischen Akademie eine systematische Grundausbildung im Bereich der Informationstechnologie erhalten hat. 90% des Wissens der Lehrer über Computer stammt aus Fortbildung, aus Selbststudium oder aus privat finanzierten Kursen. Rund 9% der Lehrer an HS/AHS haben bis 1992 eine formale Qualifikation (Zusatz-Lehramt) für das Fach Informatik erworben, rund 70% des Informatikunterrichts wurde zum Zeitpunkt der Untersuchung von geprüften Informatiklehrern erteilt. Im Schnitt verfügte jede HS/AHS in Österreich über zwei geprüfte Informatiklehrer (Günter Haider 1997).

Obwohl diese Daten schon vor mehreren Jahren erhoben wurden, dürfte sich insgesamt an den Verhältnissen nicht allzuviel geändert haben. Wie sich in der eigenen Untersuchung (Werner Stangl 1998, 1999) gezeigt hat, sind die Gegenstände, in denen das internet direkt im Unterricht genutzt wird, nach wie vor die traditionellen Fächer der Informatik und der Datenverarbeitung. Ein weiteres Indiz für die beinahe ausschließliche Anwendung des internet in technischen Fächern war auch die Beantwortungen der Fragebögen durch EDV-KustodInnen oder InformatiklehrerInnen. Hier findet sich neben der tatsächlichen wohl auch eine innerhalb des Schulsystems zugeschriebene ausschließliche Kompetenz und Verantwortung. Berichte von KustodInnen in mailinglisten über die Ignoranz des internet durch Fachlehrer finden sich zuhauf, wobei das in vielen Fällen auch auf Vorurteilen beruhen dürfte. Erfolgreiche Implementationen dürften auf Dauer nur dort gelingen, wo auch "fachfremde" LehrerInnen eingebunden sind, wobei das verwendete Adjektiv im Hinblick auf das internet - als m.E. vermutlich perfektestes Abbild unserer Welt - durchaus ironisch verstanden werden soll.

Spezielle internet-Kompetenz fehlt

Es herrscht in den Schulen, die an der Untersuchung mitgemacht haben, ein guter Informationsstand hinsichtlich der inhaltlichen Möglichkeiten, die das internet für die Unterrichtsgestaltung bietet. Allerdings rührt dies natürlich auch daher, daß die BeantworterInnen des Fragebogens in den meisten Fällen internet-SpezialistInnenen waren. Der allgemeine Informationsstand an den Schulen selber wird von den Befragten allerdings eher skeptisch beurteilt, wobei hier vor allem das Desinteresse der KollegInnenschaft für das Informationsdefizit verantwortlich gemacht wird. Des Weiteren kann man davon ausgehen, daß zahlreiche Schulen allein deshalb nicht geantwortet haben, weil sie die Fragebögen aufgrund der Nichtnutzung der e-mail-Funktion gar nicht erhalten haben. Dafür sprechen auch zahlreiche bounces (=Nichtzustellbarkeit) der ausgesandten Fragebögen.

Illustrierend der Praxisbericht eines EDV-Kustos (Wegscheider 1996):

Als Kustos hört man immer öfter auch von Kollegenseite: "Am Fortbildungsseminar XY haben wir da etwas furchtbar Interessantes gehört, könnten wir nicht auch bei uns ...". Die Antwort lautet meist: "Nein, können wir nicht, es fehlen die entsprechenden Möglichkeiten!". Symptomatisch für diese Situation war für mich das letzte Geographentreffen, in dem ein an der Hochschule tätiger Kollege über neue Möglichkeiten der Datenbeschaffung referierte und dabei hauptsächlich auf das für ihn selbstverständliche, da in den meisten Universitäten frei und schnell (Ethernet!) verfügbare, Internet einging. Die kurze Zwischenfrage, wer denn von den anwesenden Geographielehrern überhaupt eine Möglichkeit hätte, einen Zugang zu benutzen, brachte ihn recht schnell auf den Boden der Realität zurück. Es zeigte sich, daß von den über 50 anwesenden Kollegen genau einer - nämlich der Autor dieser Zeilen - über einen Zugang verfügte. Dieser war aber zu diesem Zeitpunkt auch noch beschränkt. Auch die Verwendung von CD-ROMs war und ist immer noch keine Selbstverständlichkeit. Mindestens zwei Drittel der Kollegen hatten auch für dieses neue Medium keine Abspielmöglichkeit, da entweder an der Schule kein CD-ROM Laufwerk existiert, oder dieses mangels geeignetem Computer nicht entsprechend installiert ist oder durch spezielle Raum- bzw. Schlüsselsituation der Zugang so erschwert ist, daß es im normalen Unterrichtsbereich nicht verwendbar ist. Andere Kollegen hatten "nur" keine Erfahrung mit diesem neuen Datenträger.

So unterschiedlich die technischen Ausstattungen der Schulen sind, so unterschiedlich sind daher wohl auch die einschlägigen Fachkenntnisse der LehrerInnen, wobei ein nicht nur unter LehrerInnen verbreitetes Vorurteil dazu beitragen mag, daß sich nicht eine breitere Gruppe der Lehrenden für das net interessiert, nämlich

"Das internet ist eine Sache der Technik".

Nach wie vor herrscht an vielen Schulen die Auffassung, daß das internet zunächst eine Frage der einschlägigen Technikfächer sei, man also den Umgang damit den TechnikerInnen oder InformatikerInnen zu überlassen habe. Während des Zeitraums der Erhebung habe ich die Aktivitäten in einigen mailinglists mitverfolgt. Es wurden tatsächlich in diesen Listen keine genuin pädagogischen Themen besprochen, vielmehr dienten sie vorwiegend der Verteilung von Unterschriftenlisten und Aufrufen gegen das Sparpaket der Regierung. Insbesondere wurden die Einsparungen an den HTLs diskutiert, denen zahlreiche Dienstposten gestrichen wurden. Im Zusammenhang mit der Thematik dieser Untersuchung stand eine im net verbreitete parlamentarische Anfrage zur Kürzung der AssistentInnenplanstellen. Diese wurden in vielen Schulen als Betreuer von internet-Projekten eingesetzt und waren für die bestehenden Netzwerke verantwortlich. Es ist verständlich, daß es von vielen Mitgliedern der mailinglists als paradox empfunden wurde, daß gleichzeitig die österreichweite Vernetzung der Schulen mit großen Trara verkündet wurde, während andererseits die zur Betreuung der Netzwerke notwendigen Fachkräfte gestrichen wurden.

Interessant waren die postings zu aktuellen technischen Entwicklungen im EDV-Bereich, die jedoch nur für einen Kreis von Eingeweihten interessant sind. Manche in solchen Listen verbreiteten Informationen waren zumal in jenem oft abschreckend wirkenden Technik- und internet-Jargon verfaßt, sodaß über solche Listen wohl kaum newbies für diese Technologie erwärmt werden können. Es treffen daher weitgehend die Aussagen eines Lehrers zu, der mir ergänzend zur Beantwortung meiner Fragen schrieb: "Natuerlich bin ich - sind wir - in diesen Listen inskribiert. Doch haben Sie das Gefühl, dass man dort die Dinge beschreibt, die fuer den Unterricht in der Klasse wichtig sind? ... Ich suche wirklich nach einem Diskussionspartner, mit dem ich ueber die Bildungsproblematik im Netz reden koennte, den ich einmal zu einem Vortrag einladen koennte. Bildungsorientierte Diskussionen werden kaum in einer von Technikern dominierten mailinglist stattfinden."

Kurzfristig müßte in der Weiter- und Fortbildung aller LehrerInnen der Computer als Arbeits- und Kommunikationsmittel den ihm gebührenden Raum finden, sowohl was die technische als auch was die pädagogische Seite angeht (vgl. Wolfgang Currlin 1995). "Die Frage, ob eine Behandlung und Nutzung des internet nur im Informatikunterricht stattfinden sollte, ist meines Ermessens mit einem klaren "Nein!" zu beantworten. Einer breiten unterrichtlichen Verwendung des Internet stehen aber derzeit noch fehlende Kenntnisse der Lehrenden entgegen, die nur durch breit angelegte Fortbildungsmaßnahmen sowie einer Einbeziehung des Internet in die Ausbildung zu vermitteln sind" (Joachim Deckers 1996).

LehrerInnen brauchen natürlich eine Bereitschaft zur Fortbildung im informationstechnologischen Bereich, doch durch die einfache internet software genügt das Erlernen von Grundfertigkeiten in der Kommunikationstechnik (vgl. Friedrich Achtstätter 1996). Diese Grundfertigkeiten sind die Voraussetzung dafür, daß das Medium internet allmählich sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann. Als Beispiel kann etwa das Projekt "internet an Schulen" (http://www.uni-karlsruhe.de/~RAI/) gelten, das in einer Zusammenarbeit zwischen der Universität Karlsruhe und dem Oberschulamt Karlsruhe zur Anbindung von Schulen ans internet ins Leben gerufen wurde. Um die Einarbeitung in dieses für die meisten Lehrer neue Medium zu erleichtern, wurden regionale Arbeitskreise zum Thema "internet" ins Leben gerufen. Während in der Einarbeitungsphase noch die Überwindung technischer Probleme im Vordergrund stand, verlagern sich jetzt die Fragestellungen und Informationen der LehrerInnen untereinander immer mehr hin zu didaktischen Fragen.

Zu den sofort zu setzenden Maßnahmen gehört schließlich die Einbindung des internet in die LehrerInnenausbildung an Universitäten und anderen Bildungseinrichungen. Wie der Autor aus eigener Anschauung weiß, ist das ein äußerst mühevolles Unterfangen, zumal wie an unseren Schulen auch hier weitgehend Pionierarbeit zu leisten ist ;) 

Weitere Vorurteile und Einwände

Wie Medienberichte gerade in jüngster Zeit wieder zeigten, stellt sich das internet einem Teil der JournalistInnen und wohl auch einem größeren Teil der Bevölkerung als ein eher bedenkliches Medium dar. Daher verwundert es auch nicht, daß auch LehrerInnen wenig Interesse am internet haben und es aus den verschiedensten Gründen (Pornographie, Nazipropaganda, Fixierung auf den technischen Aspekt) ablehnen. Vorsichtig formuliert dominiert an unseren Schulen hinsichtlich moderner Medien generell ein gewisser pädagogischer Pessimismus bzw. Skeptizismus, denn die Arbeit etwa mit Tages- oder Wochenzeitungen, Video und Film, Lernprogrammen oder CD-ROMs ist an unseren Schulen eher nur eine Randerscheinung.

Ein wichtiger Einwand betrifft die Qualität der dargebotenen Informationen, welche naturgemäß recht unterschiedlich ist. Man findet zwar im World Wide Web neben ausgewählten Artikeln der internationalen wie der nationalen Presse auch viele wissenschaftliche Publikationen. Da aber mit jedem Rechner im internet von jedem user potentiell ebenso gut Dienste angeboten wie genutzt werden können, findet man aber auch etliche Materialien, die laienhaft zusammengestellt sind und deren Inhalt nicht nur unter orthographischen Gesichtspunkten fragwürdig erscheint. Meines Erachtens könnte gerade von LehrerInnen selber daran gearbeitet werden, mittels eigener internet pages den beobachteten Qualitätsdefiziten entgegenzuarbeiten. Ansätze dazu finden sich im net zuhauf!

Als wesentliches Lernziel - vermutlich nicht nur im Hinblick auf das internet - muß daher die Befähigung der SchülerInnen gesehen werden, Informationen zu hinterfragen, kritisch zu bewerten und auszuwählen. Dieses Lernziel ist vermutlich deshalb schwierig zu erreichen, da in der Regel die Inhalte anderer Unterrichtsmedien wie etwa des Lehrbuchs bisher eher wenig kritisch betrachtet wurden. Meines Erachtens sollte die oben genannte Skepsis mancher Lehrenden dem Medium internet gegenüber dazu "genützt" werden, Maßnahmen zu einer generellen Erhöhung der Medienkompetenz zu setzen.

Didaktische Kompetenz der Lehrenden mangelhaft

Manche Autoren sehen im Zusammenhang mit der Einführung des internet die Notwendigkeit einer Neudefinition der Lehrerrolle: "Das Internet ermöglicht einen sekundenschnellen Zugriff auf riesige Informationsmengen. Dazu kommen immer schneller werdende Innovationszyklen von Internet-Software und Internet-Ressourcen. Dies führt dazu, daß der Lehrer oft weniger Kenntnisse in speziellen Wissensgebieten hat, als seine Schüler. Ein Umdenken der Lehrkräfte ist deshalb notwendig, denn sie können nicht mehr die alleinigen Wissensvermittler sein. "Es geht dann nicht mehr in erster Linie darum, Wissen zu wissen oder 'Hilfe' zu haben, sondern Datenfluten einzudämmen, Wahrheitskontrollen durchzuführen, zugrundeliegende Modelle zu erkennen und zu beurteilen" (Jung, 1991, 242). Eberle (1996, 381) sagt zurecht, daß die Vorspiegelung eines nicht mehr vorhandenen Wissensvorsprungs verhängnisvoll wäre. Früher oder später wird dieses Manko durch die Lernenden aufgedeckt und führt zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit der Lehrkraft. Dubs (1995, 81) nennt in seinem Kommunikationsmodell als eine der fünf Kommunikationsbarrieren das Verstellen der Lehrkraft. Eben diese Kommunikationsbarriere baut sich auf, wenn die Lehrkräfte einen Wissensvorsprung vorspiegeln, den sie in Tat und Wahrheit nicht mehr haben. Eberle (1996, 382) weist darauf hin, daß dadurch all jene Lernformen im einzelnen beeinträchtigt werden, in denen das Modell der Lehrkraft eine wesentliche Rolle spielt. Die neue Lehrerrolle birgt auch Chancen: Wenn die Lernenden dem Lehrer eine neue Erkenntnis vermitteln können, hat dies eine hohe Motivationsförderung zur Folge. So berichtet z.B. Jung (1991, 243) von seinen Erfahrungen: "Weder bezweifelten meine Schülerinnen und Schüler meine Autorität, noch versuchten sie, meine Unsicherheit auszunützen. Im Gegenteil, ich fühlte ihren Stolz, wenn sie mir echt Dinge beibringen konnten, wenn sie selber neue Entdeckungen oder neues Wissen in die Klasse einbrachten." Es handelt sich dabei zwar um kein grundsätzlich neues Phänomen; in Zukunft dürfte es sich aber in einem Unterricht, der das Internet als Medium einbezieht, vermehrt einstellen" (Christoph S. Abplanalp 1997).

Zwar wurden konkrete Fragen zur Unterrichtsgestaltung in der eigenen Untersuchung (Werner Stangl 1998) relativ selten geäußert, was sicherlich darauf zurückzuführen ist, daß die meisten Antworten von EDV- bzw. InformatikspezialistInnen kamen, für die eher technische Probleme im Vordergrund stehen als pädagogische, jedoch werden vereinzelt auch von diesen allgemeine Hilfestellungen für den methodisch-didaktischen Einsatz dieses Mediums gewünscht. Wie ein Schulleiter wohl zurecht schreibt: "mir scheint zwar die technische Implantation des Internet in Österreich (wie auch in der Schweiz zur Zeit) rasch voranzugehen, die Reflexion darüber wird (noch) nicht in ausreichendem Maße geführt...".

Spezifische fachdidaktisch-methodische Hinweise zur Unterrichtsvorbereitung werden von zahlreichen LehrerInnen gewünscht, wobei es in den meisten Fällen darum geht, möglichst schnell und möglichst effizient an Informationen für ihr Fach heranzukommen, das net also für die Unterrichtsvorbereitung zu nutzen. Konkret werden viele Fragen nach einem effizienten Umgang mit der Informationsfülle im net gestellt, die von manchen eher als hinderlich erlebt wird. Einige konkrete Wünsche richten sich daher auf eine Unterstützung beim Umgang mit der Informationsfülle im internet: "Ich persönlich würde sofort dafür sein, wenn eine Art Lesezirkelbetrieb von einer Stelle aus betrieben wird, die die Schulen mit aktuellen Themen bzw. Links versieht und Informationsaustausch über Schulthemen ermöglicht: was sollen wir für die Zukunft lernen". Neben Fragen nach dem Umgang mit Suchmaschinen sind auch konkrete Projekte in Planung, etwa ein Rating-Experiment, das als Ziel die didaktische Bewertung von internet-Beiträgen durch LehrerInnen hat. Immer wieder wird der Wunsch nach didaktisch gut aufbereiteten Stoffsammlungen für einzelne Fächer geäußert, die in einigen speziellen Fächern auch für deutschsprachige Quellen schon vorliegen aber noch wenig genutzt werden. Vermutlich verhindert das Lehrbuch als heimlicher Lehrplan die Suche nach anderen Quellen zur Unterrichtsvorbereitung.

Aber auch allgemeinpädagogisches Material wird gewünscht, etwa zur Unterrichtsplanung und -evaluation. Das bestätigen die zahlreichen Rückmeldungen, die der Autor im Zusammenhang mit dem von ihm betreuten server ( http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at/) in den letzten Jahren erhalten hat. Hier werden vor allem jene Arbeitsblätter nachgefragt, die sich mit der Unterrichtsgestaltung beschäftigen. Einige der Befragten nannten explizit die äußerst mangelhafte pädagogische Ausbildung während ihres Studiums, da besonders im Hinblick auf den Medieneinsatz im Unterricht die bestehenden Ausbildungslücken offenbar und bewußt werden. Konkrete Lernzieldefinitionen oder Planungen, wie das internet in den Unterricht eingebunden werden kann, fehlen. Es besteht nach Meinung von Joachim Deckers (1997) aber ein dringender Bedarf an Konzepten, die beschreiben, wie das internet in den Unterricht Eingang finden sollte.

hardware & software vs socialware

Norbert Bartos (1997) kritisiert, daß generell der Einrichtung von computerisierten Arbeitsplätzen häufig nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. "Neue Computer werden oft einfach nur planlos in einen Raum gestellt und für die Benutzung ohne Richtlinien freigegeben. Der PC nimmt dann meist einen Arbeitsplatz komplett ein und wird dadurch zum Mittelpunkt der Aktivität. Die Folge ist ein computerzentriertes Denken, welches einen zwanghaften Einsatz des Computers in möglichst vielen Bereichen nahelegt, ohne auf den tatsächlichen individuellen und situationsabhängigen Bedarf Rücksicht zu nehmen. Ein striktes "Hands-on" von Beginn weg hat sich in der Schulung als ungünstig erwiesen, obwohl es in manchen Fällen durchaus angebracht erscheint. Die Analysephase (bekannt aus der Softwareentwicklung) sollte nicht unterbewertet werden. Generell ist die Verwendung der Prinzipien des Projektmanagements unbedingt nötig. Ein gewaltsames Einsetzen des Computers in einem bestimmten Bereich, ohne eine stichhaltige Rechtfertigung (nur weil es modern ist), ist abzulehnen".

Immer wieder äußerten LehrerInnen in einschlägigen mailinglists Wünsche nach Fort- und Weiterbildung, wobei neben dem Erwerb technischen Wissens auch der Erwerb der notwendigen sozialen Kompetenzen als notwendig angesehen wird. Vor allem Erfahrungen im Informationsmanagement sowie Kenntnisse der sozialen Besonderheiten von Netzkommunikation wurden nachgefragt.

Die Akzeptanz der Technologie seitens der LehrerInnen wird wohl eine zentrale Entwicklungsaufgabe darstellen. Insbesondere muß ein Bewußtsein dafür geschaffen werden, warum diese Technologien in den Unterricht Einzug halten sollen. Das bloße Vorhandensein von internet-Zugängen in einer Schule bewirkt selbst bei einer grundsätzlichen Akzeptanz noch nicht deren intensive Nutzung. Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen für LehrerInnen werden zu Beginn viele Kapazitäten binden, ohne daß sofort ein Erfolg sichtbar sein wird.

Nur allzu oft - wie bereits oben erwähnt - wird der Fehler gemacht, daß die Einführung als ein rein technisches Projekt angegangen wird. Die Qualität und Quantität der vorhandenen hardware, der Leitungen und Netzwerkanschlüsse sowie der eingesetzten software sind eine Sache, eine andere jedoch ist die socialware, die deren effektive Verwendung im Unterricht erst ermöglicht. Ausschnitte aus einem Beitrag in einer mailinglist (digitale-schule@newmedia.at) können die Problematik gut illustrieren:

Erforderlich dafuer sind Akzeptanz der Technologie seitens der Lehrkraefte und SchuelerInnen, Faehigkeiten zu deren Nutzung, durchdachte neue Unterrichtsmodelle und geeignete digitale Lehr- und Lernmaterialien. Wie die Technik, so kann naemlich auch die Nutzung abstuerzen oder erst gar nicht jene Hoehe erreichen, bei der von einem Absturz die Rede sein kann.

Hinsichtlich des Unterrichts sorgen sich Lehrkraefte vor allem um eine gelingende Interaktion mit den SchuelerInnen und die Erreichung der Lernziele (was im traditionellen Verstaendnis jedoch vorrangig die Vermittlung von Wissensinhalten bedeutet). Die Einfuehrung der IKT (=Informations- und Kommunikations-Technologie; W.S.) in den Unterricht verlangt daher sorgfaeltige Vorbereitungen.

Insbesondere muß das Bewußtsein dafuer geschaffen werden, warum diese Technologien verwendet werden sollten, welche neuen Moeglichkeiten sich durch sie eroeffnen und wo die Vorteile und Nachteile liegen. Das Gewinnbringende der IKT darf nicht nur in Aussicht gestellt, sondern muß in exemplarischen Verwendungsweisen konkret demonstriert werden. Die Unsicherheiten und Bedenken der Lehrkraefte sind ernst zu nehmen, da sich diese sonst einer Nutzung der IKT verschließen.

In einer Antwort darauf fand sich der Hinweis, daß es oft weniger die LehrerInnen sind, an denen die Einführung des internet scheitert, als vielmehr hemmende organisatorische Bedingungen:

Wie kann man Internet-desinteressierten Direktoren, Inspektoren bzw. auch den zustaendigen Magistratsabteilungen die Sinnhaftigkeit des Internets klar machen, sodaß diesbezuegliche Aktivitaeten "Interessierter" nicht nur als "Spielerei" abgetan wird?

internet-Interesse der SchülerInnen wird gebremst

Im Rahmen der schon erwähnten Studie "Computers in Education" wurden auch die Einstellungen der SchülerInnen zu Computern generell erhoben. Es zeigte sich, daß die SchülerInnen fast ausnahmslos das schulische Angebot von Computerunterricht befürworten, möglichst viel über Computer erfahren wollen, weil sie dieses Wissen für relevant halten - relevant vor allem im Hinblick auf ihre beruflichen Chancen (Günter Haider 1997).

Dem gegenüber steht allerdings die Tatsache, daß an unseren Schulen das internet auch heute noch vorwiegend im Rahmen technisch orientierten Unterrichts vermittelt wird (s.o.). Internet-basierter Unterricht hat in vielen Fällen vor allem in der Einführungsphase das technische Umfeld des internet selbst zum Gegenstand, wobei die SchülerInnen oft mit der verwendeten Begrifflichkeit Probleme haben. Während ein spielerische Umgang wohl am ehesten geeignet wäre, die Möglichkeiten des nets langsam zu erkunden, wird oft ein an die ersten Jahre der Einführung der Datenverarbeitungsfächer erinnernder kontraproduktiver Fachunterricht durchgeführt, wobei oft Terminologien vermittelt werden, die schon seit Jahren nicht mehr dem state-of-the-art entsprechen. Es ist daher kein Wunder, daß das oben diskutierte Technik-Vorurteil gegenüber dem internet von LehrerInnen auf der Ebene der SchülerInnen heute oft reproduziert wird.

Dementsprechend gibt es technikkritische Vorbehalte, Ängste oder sonstige Einwände der SchülerInnen, die durchaus ernstgenommen werden müssen. Es muß genügend Zeit eingeplant werden, um internet-Kenntnisse zu vermitteln sowie individuelle und kollektive Probleme der internet-Nutzung im Unterricht zu thematisieren und aufzuarbeiten. Allerdings wächst bereits heute eine Generation heran, die von frühester Jugend an mit dem Medium Computer vertraut ist und die daher kaum von Schwellenangst geplagt sein dürfte.

Dabei ist auch aus anderen Gründen durchaus Eile angebracht, wenn die Schule ihre traditionelle Position als Ausbildungsinstitution behalten möchte. "Es entsteht ... mit dem Informations- und Lernangebot im internet eine direkte Konkurrenz zum Lehrer, eine Alternative zu den traditionellen schulischen Lernformen. Der Lehrer muss damit umgehen lernen, daß Schüler in einzelnen Bereichen mehr wissen. Damit verändert sich auch seine Rolle: Er wird vom Wissensvermittler zum Wissensmoderator, zeigt Methoden der Selektion in der Informationsflut, lehrt wie man lernt. Hier stellt sich die Frage der Lehrerfortbildung" (Wolfgang Frei 1997).

Wie ich aus meinem persönlichen Umfeld weiß, tut sich in diesem Zusammenhang schon heute eine Bildungsschere auf, wobei diese hinsichtlich Chancengleichheit bei der heranwachsenden Generation wohl rechtzeitig diskutiert werden müßte und geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden sollten. Zwar ist es ohnehin zu spät, als daß unsere Schulen noch als Vorreiter fungieren könnten, denn in den privaten Haushalten gibt es schon derzeit eine hohe Durchdringung mit moderner Kommunikationstechnologie, die weit über den derzeit angepeilten Möglichkeiten der Schulen liegt. Es wiederholt sich hier eine schon früher beobachtete Entwicklung im Hinblick auf neue Medien: Tonaufzeichnung, Fernsehen, Video, Taschenrechner ... Wie in diesen Fällen auch bildet im Hinblick auf das internet wohl die Schule wieder das Schlußlicht der (technologischen) Entwicklung. Wenn schon kurzfristig kein internet im Unterricht möglich ist, dann müßte wenigstens eine intensive fachlich fundierte Auseinandersetzung damit stattfinden. Die mancherorts konstatierten Auflösungserscheinungen unseres gesamten Bildungssystems zeigen sich nicht bloß daran, daß heute schon viele SchülerInnen ihre Hausübungen via e-mail "koordinieren" bzw. geschickte Rechercheergebnisse in der Schule als eigene Arbeit präsentieren. Es sind vermutlich schon aus diesem Grund LehrerInnen gefordert, sich mit dem internet und dessen Inhalten auseinanderzusetzen.

Das internet ist letztlich ein selbstverstärkendes Medium, das sich selber unterstützend zur eigenen Verbreitung beitragen wird. Denn einen funktionierenden Zugang vorausgesetzt, können alle Kenntnisse und Möglichkeiten mithilfe des Mediums selbst erlernt bzw. ausgeschöpft werden. Zwar sind in der Anfangszeit Basisschulung und ausreichender support unbedingt notwendig, allerdings übernimmt bald das internet die Rolle des besseren Lehrmeisters, vorausgesetzt, man ist bereit sich darauf einzulassen, was nichts anderes bedeutet, daß Motivation und Engagement gefragt sind.

Falsche Vorstellungen und Erwartungen

Wer sich vom internet-Einsatz im Unterricht quasi automatisch hochmotivierte Lernende, globale Kommunikation, Kosten- und Zeitersparnis sowie hohe Lernerträge verspricht, wird mit Sicherheit enttäuscht sein. Zum jetzigen Zeitpunkt ist der internet-Einsatz zwar lohnenswert und sinnvoll, aber für die einzelnen Beteiligten und die Bildungsträger mit dem Betreten von Neuland verbunden. Dementsprechend ist (insbesondere in der Anfangszeit) mit einer deutlichen Steigerung des Arbeitsaufwandes und neuen Problemen und Konflikten zu rechnen. Internet-gestützter Unterricht sollte deshalb nicht als fertige Patentlösung "verkauft", sondern zunächst eher als Chance zur Horizonterweiterung und zum gemeinsamen Experimentieren begriffen werden.

Falsche Vorstellungen bestehen zunächst einmal hinsichtlich der Kosten, wobei die Schwierigkeit darin besteht, ein realistischen Bildes in der Öffentlichkeit zu vermitteln. Selbst für Fachleute ist der Aufwand kaum abschätzbar, denn auch hier werden vor allem die Errichtungskosten gesehen, nicht aber die Folgekosten. Verbreitet werden solche Fehlurteile oft von uninformierten Bildungspolitikern.

Die finanziellen Belastungen werden an den Schulen immer wieder als Hemmnisse erlebt, wobei neuere Entwicklungen bezüglich der Telekommunikation wohl kaum eine Entlastung bringen dürften. Dazu ein anonymisierter Ausschnitt einer e-mail an den Autor:

An unserer Schule wird zur Zeit das Internet aus Kostengruenden nicht genuetzt, da unsere Schule von der Landeshauptstadt, d.h. von den Schulbehoerden, weit - sprich 2. Inlandszone - entfernt  und unsere Telefonrechnung schon so hoch genug ist. Leider ist die Frage, wer die Telefongebuehren fuer die Internetnutzung zahlen soll (Eltern, Schule, Lehrer) nicht geklaert. Eine diesbezuegliche E-Mail an das Buero der Frau Unterrichtsminister vom ******* blieb bis heute unbeantwortet - ebenso eine E-Mail an alle Kollegen in der ***, wie sie die Kosten verrechnen, bis auf die Privatgymnasien, bei denen die Schule die Kosten traegt. Wuerden nur die Informatikklassen  unserer Schule das Internet nuetzen, gaebe das eine Telefonrechnung von 7000 Schilling in 2 Monaten. Allerdings mit der neuen Gebuehrenregelung ab 1. November (?) "erniedrigen" sich  die Kosten ja auf 5000 Schilling, sie bleiben fuer uns  immer noch unerschwinglich, ausser wir laden die Schueler am Wochenende oder am Abend ein. (Auch da wird es Schwierigkeiten geben, denn in dieser Zeit wird durch die Kostengestaltung das Netz so ueberlaufen sein, daß man alles vergessen kann). Die Homepage des ********** habe ich auf meine eigenen Kosten ins Netz gestellt, ebenso wie ich die Pflege der Homepage groesstenteils ueber meinen eigenen Computer durchfuehre.

Um die Folgekosten niedriger zu gestalten, werden in mailinglists (agtk-info@ccc.at) auch Alternativen diskutiert, die insgesamt betrachtet den notwendigen Aufwand wohl ebenfalls unterschätzen:

In einer 1996 veroeffentlichten Studie an die EU zu den Trends im Einsatz von IKTs im Bildungsbereich wird u.a. auf den kostenguenstigen Einsatz von Network Computern hingewiesen. Als Vorteile eines NC-basierten Netzes werden z.B. angefuehrt: plattformunabhaengig, wesentlich niedrigere Kosten fuer Anschaffung und Erhaltung im Vergleich zu PCs, einfachere Anwendung und Administration, hoehere Netzsicherheit, etc.In Zahlen ausgedrueckt, weist die Studie besonders auf die Vorteile fuer den Einsatz von NCs im Bildungsbereich hin:

Um alle europaeischen Klassenzimmer mit einem PC auszustatten, sind mind. 4 Becu notwendig (Schaetzung sept. 1996); um alle europ. Klassen mit NCs auszustatten, fallen nur ein Viertel der Kosten, rund 1 Becu an. Um in allen europaeischen Klassen fuenf Schuelern mind. einen Computer zur Verfuegung zu stellen, waeren bei PC-basierten Netzen ein Investitionsaufwand von mind. 20 Becu notwendig; die selbe Ausstattung auf NC-Basis kaeme auf rund 5 Becu.

Wie man auch aus dieser Wortmeldung ersehen kann, dominieren in der Diskussion um den zukünftigen Einsatz des internet im Klassenzimmer finanzielle Erwägungen. Solche Berechnungen - die letztlich rein spekulativ sind - berücksichtigen nicht, daß weder die materialen noch die personalen und intellektuellen Ressourcen für eine großzügige Einführung bereitstehen.

Aber es gibt bei den Verantwortlichen in den Ministerien und in den Landeschulräten natürlich nicht nur eine Unterschätzung des finanziellen Aufwands, sondern auch eine oft als Mißachtung erlebte Bewertung der von vielen idealistischen LehrerInnen derzeit unentgeltlich geleisteten Mehrarbeiten. Dazu hier die aus verständlichen Gründen anonymisierte e-mail eines EDV-Kustos, die stellvertretend für viele ähnliche Klagen stehen mag:

"Mein" Netz an der Hauptschule *** umfasst momentan 17 PCs, Peer-to-Peer gemischt mit WfW3.11 und W95,Novell 4.12 im Aufbau. Als Kustos erhalte ich zur Betreuung und Wartung dieser Anlage 1,5 Wochenstd. an Lehrverpflichtung gutgeschrieben. Rechne ich das Schuljahr mit 40 Wochen, ergibt das 60 Std/Jahr. Der tatsächliche Bedarf verhält sich etwa wie folgt:
1) Ca. 35 Std. (es waren auch schon 55) verbrauche ich noch in der letzten Ferienwoche, um Hard- und Software auf den Servern sowie den Workstations zu reinigen und "Upzudaten".
2) Die Anlage ist in den Grundzügen mittlerweile 8 Jahre alt, mindestens monatlich fällt eine Kleinigkeit aus (Floppy, Netzkarte, auch mal ein Prozessor,...). Die rasche Schadensdiagnose sowie Behebung (inklusive Ersatzteilbesorgung) kann ich mit ca. 6 Std. beziffern. Mal 10 Monate = 60 Std.
3) Die häufigsten "Ausfälle" sind aber auf mangelnde Fachkenntnis von Usern zurückzuführen (Drucker offline, Druckmanager gestoppt, (non-dedikated) Server niedergefahren oder gar abgestürzt,...). In Summe sicher 1 Wochenstunde. Mal 40 Wochen = 40 Std.
4) Dazu kommen allfällige Erneuerungen, z.B. hard- und softwaremäßige Einrichtung eines Kommunikationsservers (vorausgegangens wochenlanges Studium von Literatur, mündl. Informationsbeschaffung etc. nicht gerechnet), Speicheraufrüstung, Mainboard-Aufrüstung, Festplatten-Austausch, Aufsetzen eines Novell-Servers und Einrichtung der Clients,...). Übers Jahr sicher mehr als 40 Std.
Zusammengerechnet 175 Std. bzw. das DREIFACHE der bezahlten Zeit. Soweit der DIENST. Dazu kommen allerdings noch tägliche freiwillige Hilfestellungen bei Kollegen mit Softwareproblemen und, und, und,...
Soll allerdings keine Beschwerde sein, man kann es nämlich auch als ganzjährigen, kostenlosen EDV-Kurs mit garantiertem Wissenszuwachs sehen. ;-)

Ein auch häufig gehörtes Vorurteil betrifft die immer wieder befürchtete Verkümmerung der menschlichen Kommunikationsfähigkeiten durch zu intensiven internet-Gebrauch. Grundsätzlich ist das Kommunikationsverhalten von Kindern und Jugendlichen im internet noch wenig untersucht, eine Studie dazu liegt von Sherry Turkle (1995) vor. Es besteht demnach die Gefahr, daß sich Jugendliche in eine Abhängigkeit begeben (z.B. durch stundenlanges surfen oder chatten) und dadurch ihre direkte Kommunikationsfähigkeit verkümmert. Für manche Wissenschaftler stellt ein solches Verhalten sogar eine spezielle Form des Eskapismus dar: "Ein Jugendlicher mag mit Menschen in aller Welt per internet kommunizieren, dabei aber völlig vereinsamen und in seinen kommunikativen Fähigkeiten verarmen, da die Computerkommunikation zahlreiche Faktoren der direkten Kommunikation von Angesicht zu Angesicht ausschließt" (Jens Hildebrand 1996, S. 111).

Erst jüngst gingen Schlagzeilen durch die - in diesem Zusammenhang wohl auch durch Eigeninteressen befangenen - Printmedien, in denen die Ergebnisse eines einschlägigen Feldversuchs über die internet-Heimnutzung in Familien (Projekt HomeNet), der von der Carnegie Mellon University in den letzten zwei Jahren durchgeführt wurde, berichtet wurden. Diese Studie zeigte anscheinend niederschmetternde Ergebnisse: "Das Internet, das im Vergleich zu anderen Medien wie dem Fernsehen z.B. als soziales Medium gepriesen wurde, hält Menschen davon ab, mit ihren Familienmitgliedern und Freunden zu sprechen. Ihre Freundeskreise schmelzen dahin und Depressionen und Einsamkeitsgefühle nehmen zu" (Medosch 1998). Wenn man allerdings die Originalstudie (Robert Kraut et al. 1998) betrachtet, dann zeigen sich gravierende methodische Mängel der Studie und überzogene Interpretationen von äußerst geringen Effekten, die in der Berichterstattung zusätzlich potenziert wurden.

Optimistisch betrachtet stellt sich LehrerInnen in diesem Zusammenhang eher die wichtige Aufgabe, die mancherorts befürchtete Degeneration der Kommunikationsfähigkeiten zu verhindern, indem sie diese Problematik im Unterricht mit und über das Medium internet thematisieren. Dies scheint umso notwendiger, als aktuelle Zahlen belegen, wie rasant das internet in alle Lebenbereiche eindringt: "Alexa Internet (http://www.alexa.com/), der Anbieter einer website-Datenbank veröffentlicht seit 1987 seine internet-Studien. Demnach wächst des internet täglich um 1,5 Millionen pages (Stand vom 18.09.98), d.h., es kommt zu einer Verdoppelung des content alle 8 Monate. Die Gesamtgröße des Netzes schätzt Alexa auf drei Terabyte, das entspricht drei Millionen Megabyte. Eine Network-Wizard-Studie hat ermittelt, daß das weltweite Computernetz bereits 36.739.000 hosts umfaßt, das entspricht einer Steigerung von 23,8 Prozent gegenüber dem Anfang des Jahres" (Werner Stangl 1998, 1999).


Politische Hemmnisse

In Österreich kommt noch ein politisches Spezifikum als zusätzlich hemmende Rahmenbedingung hinzu - nüchtern analysiert in einer mailinglist:

Die Realitaet der Telekom-Aktivitaeten an den Schulen ist eine typisch oesterreichische: eine proporzartig aufgeteilte Schul-Telekom-Landschaft: eine (rote) Blackbox & Blackboard Loesung, eine (schwarze) Netway & Raiffeisen - Connection und ein ASN, das alternative Loesungen zur Implementierung des Internet in Schulen durch Bindung aller Geldmittel im Keime erstickt. Damit wird jeder eigenstaendigen Schulaktivitaet der Boden entzogen. Entweder die Schule beteiligt sich an den oeffentlichen Projekten oder sie finanziert ihr Projekt frei und ohne Unterstuetzung. Dazu kommt, daß die BMUK-Services die Clubdienste durch den Null-Tarif konkurrenzieren. Eine so schlechte Ausgansposition fuer innovative Ideen ist sogar in der EU unbekannt. Dort koennen sich Antragsteller in einem vorgegebenen Foerderungsrahmen frei bewerben. Vielleicht waere es eine nachahmenswerte Idee, Ziele, die in Schulen erreicht werden sollen, zu definieren und eingereichte Projekte zu dotieren. Das ASN genauso wie die Hyperbox oder den CCC oder die BlackBox. Private Initiativen bezahlen Marktpreise und koennen diese lediglich ohne Gewinnaufschlag in gemeinnuetzigen Vereinen an Lehrer und Schueler weitergeben. Oeffentliche Unterstuetzung der Einfuehrung moderner Informationstechnologie an Schulen sollte den verschiedenen Proponenten dieser Formen gleichartig zur Verfuegung stehen. Ohne Parteibuch.

Was müßte daher rasch geschehen?

Die hier diskutierten negativen Rahmenbedingungen - auch wenn einige sicherlich niemals vollständig auszuschalten sind -, sollten vorrangig kritisch in die Erwägungen der Bildungs- und Technologieplaner miteinbezogen werden. Denn nur dann können jene Frustrationen, wie sie derzeit schon bei einigen Projekten beobachtbar sind, vermieden werden. Nicola Döring (1997) resumiert: "Es lohnt sich (...) an der Verbesserung der Rahmenbedingungen zu arbeiten, da sonst die Gefahr besteht, daß das didaktische Konzept nicht greift." Allerdings darf bezweifelt werden, daß es ein solches überhaupt gibt. Zahlreiche Belege deuten derzeit darauf hin, daß man in Österreich dabei ist, beinahe alle die genannten negativen Rahmenbedingungen mit Akribie zu erfüllen.

Kurzfristig sind an unseren Schulen nicht so sehr hard- und software gefragt, sondern socialware in Form von ständig verfügbarer technischer und medientechnologischer Unterstützung, etwa kollegialem support und Austausch. Der ist wohl erst in zweiter Linie durch finanzielle Mittel zu fördern. Dazu gehört etwa die Förderung der bereits bestehenden Initiativen vor Ort, die Unterstützung der zahlreichen aus persönlichem Interesse getragenen Einzelinitiativen und weniger eine flächendeckende Aufoktroyierung einer eingeschränkten und reglementierten Vernetzung. So wichtig kurzfristige Einzelprojekte (z.B. Wettbewerbe, Sonderangebote von Providern) sind, sollte eine kontinuierliche Unterstützung in finanzieller und personaler Hinsicht angestrebt werden. Zahlreiche Lockangebote von kommerziellen Anbietern sind vermutlich Danaergeschenke, da schon bald die mit Sicherheit anfallenden Folgekosten fehlen, welche in der Regel ein Vielfaches der Ausstattung ausmachen, und dann eine umso größere Enttäuschung bei den Beteiligten herrscht, wenn aus Geldmangel das net nicht oder nur sehr eingeschränkt genutzt werden kann. Dieses Problem kann in Analogie zu manchen Entwicklungen im internet gesehen werden, wo sich nach einer Anfangseuphorie im wirtschaftlichen Bereich eine gewisse Ernüchterung breit macht. So wie für die Präsenz eines Wirtschaftsbetriebes die bloße Existenz einer homepage mit mehr oder minder umfangreichem Prospektmaterial (Motto: "Liebling, wir sind im internet!") auf die Dauer nicht genügen wird, so ist die Schulhomepage mit dem Photo des Schulleiters und einer veralteten Lehrerliste wohl nicht der Weisheit letzter Schluß.

Eine besonders wichtige Funktion kommt hier auch Behörden und öffentlichen Institutionen in Bezug auf die Nutzung des internet zu, da diese Vorbildwirkung haben. Zwar sind hier erste Ansätze sichtbar, aber wie ich aus eigener Erfahrung weiß, kämpft man an den Zentralstellen mit ähnlichen Problemen wie an der Peripherie. Erst wenn dort das internet in vorbildlicher Weise im Rahmen von Service, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit genutzt wird, können die Vorteile des nets auch Skeptikern nahegebracht werden. 

Verwendete Literatur

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Bartos, Norbert (1997). Lehren und Lernen im 21. Jahrhundert.
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Deckers , Joachim (1996). Das Internet: Medium und Inhalt für den Informatikunterricht. Staatsexamensarbeit am Studienseminar für das Lehramt Sekundarstufe II Detmold.
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Döring, Nicola (1997). Das WWW im Unterricht. Organisatorischer Rahmen, didaktische Grundlagen und praktische Beispiele. Erschienen in: Janetzko, D., Batinic, B., Schoder, D., Mattingley-Scott, M. & Strube, G. (Hrsg.) (1997). CAW-97. Beitraege zum Workshop 'Cognition & Web'. IIG-Berichte 1/97. Freiburg.
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Frei, Wolfgang (1997). Internet ins Klassenzimmer! 10 bildungspolitische Thesen eines pädagogischen Laien.
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Kraut, Robert, Patterson, Michael, Lundmark, Vick, Kiesler, Sara, Mukophadhyay, Tridas & Scherlis, William (1998). Internet paradox: A social technology that reduces social involvement and psychological well-being? PRELIMINARY DRAFT.
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Medosch, Armin (1998). Macht uns das Netz einsam und depressiv? Ergebnisse eines Feldversuchs über Internet-Heimnutzung in Familien.
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Ohne Autor (1997). Zusammenfassung.
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Stangl, Werner (1998). internet in der Schule - Eine Bestandsaufnahme über den Einsatz des internet im Unterricht an Österreichs Schulen. p@psych 3.
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Stangl, Werner (1999). internet @ Schule. Innsbruck: StudienVerlag.

Turkle, Sherry (1995). Life on the screen: identity in the age of the Internet. New York: Simon & Schuster.

Wegscheider, (N.N.) (1996). INTERNET UND MULTIMEDIA-COMPUTER IM REALEN SCHULBETRIEB - PROBLEME? TELL&Call, 3. Quartal Juli.


Erschienen 2000 in Peter A. Bruck & Guntram Geser (Hrsg.). Schulen auf dem Weg in die Informationsgesellschaft (S. 75 - 96) im STUDIENVerlag Innsbruck unter dem Titel "Hemmende Rahmenbedingungen bei der Einführung des Internets an österreichischen Schulen".



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