[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Would you rather be right … or happy?
Marshall B. Rosenberg (A Course in Miracles)

Umgang mit Angriffen von aggressiven Gesprächspartnern

Jeder von uns hat schon eine Gesprächssituation erlebt, in der plötzlich unser Gegenüber, aus welchen Gründen auch immer, einen persönlichen Angriff startet, wobei hier mit einem persönlichen Angriff eine verbale Äußerung gemeint ist, die versucht, uns als gesamte Person zu treffen und zu verletzen. Meist sind wir dann überrascht und uns fällt häufig erst im Nachhinein eine angemessene Reaktion ein. Solche persönlichen Angriffe können im Berufsleben bei Verhandlungen, Präsentationen und Besprechungen auftreten. Ob Menschen einen Angriff persönlich nehmen oder nicht, hat immer etwas mit unserer eigenen Lebensgeschichte, unseren Erfahrungen und unserem Selbstbewusstsein zu tun.

Schwierige Menschen findet man fast überall. Einen Choleriker lässt man am besten ausbrüllen, denn Gegenargumente will er ohnedies nicht hören. Man würde ihn dadurch nur noch wütender machen. Auf keinen Fall sollten man seine Autorität in Frage stellen oder seine Person und Arbeit kritisieren. Wenn es zu schweren Beleidigungen kommt, sollten man jedoch aus dem Raum gehen bzw. ein Telefonat beenden. Man solte aber in jedem Fall so lange wie möglich warten, bevor man auflegt, denn ein Choleriker beruhigt sich meist nach einer gewissen Zeit von selbst.

Beim Besserwisser könnte es hingegen ratsam sein, sich mit diesem zu verbünden, falls er wirklich so gut ist, wie er von sich behauptet. Hinterfragt man zuvor mit einigen geschickten Querfragen, ob der Besserwisser wirklich etwas drauf hat oder nur eine Luftnummer abzieht. Übrigens: Besserwisser sind Menschen, die einem Pferd die Sporen geben, auf dem sie gar nicht sitzen ;-)

Einem Pessimisten und Schlechtmacher hingegen muss man reichlich "Futter" geben, damit er an der Welt wenigsten dann und wann wieder etwas gut finden kann. Man lobt am Besten seine Leistung und nennt ihm immer wieder positive Beispiele aus der Arbeit und dem Leben.

Menschen, die ihren eigenen Willen gegenüber anderen durchsetzen wollen, verwenden gern das Mittel der Manipulation. Solche Menschen möchten ihre Umwelt zu einem Verhalten zwingen, das sie sich von ihr erwarten. Eine beliebte Strategie von Manipulierern ist es den Eindruck zu erwecken, als sei das Verhalten, das sich der andere wünscht, ohne Zweifel richtig. Auch das Erzeugen eines Dilemmas gehört zu den Machtspielen, bei denen es nur darum geht, dass die Kontrolle über den anderen zu behalten. Verallgemeinerungen führen oft dazu, dass die ganze Person negativ beurteilt wird. Auch Charakterisierungen des andern führen dazu, dass sich das Gegenüber als Person insgesamt abgewertet fühlt. Menschen, die jemanden verbal attackieren, projizieren oft ihre eigenen negativen Gefühle auf den anderen, d.h., sie geben dem Gegenüber die Verantwortung für ihre eigenen destruktiven Emotionen. Ein beliebtes Mittel sind auch doppelte Botschaften, nach denen sich der andere schlecht fühlt, weil er nicht weiß, woran er jetzt mit dem Partner ist. Jemanden in der Ungewissheit über seine wahren Gefühle zu lassen ist ein beliebtes Mittel, dem Partner einen Dämpfer zu verpassen. Dieses Verhalten findet man oft bei Eltern gegenüber ihren Kindern, die solche doppelten Botschaften senden und Angst, Unsicherheit und Selbstzweifel bei diesen erzeugen. Aber auch auf Tagungen und Konferenzen findet man solche doppelten Botschaften, wenn etwa Appelle zu vertrauensvoller Zusammenarbeit, gemeinsame Abendessen in feierlichem Rahmen und in betont kollegialer Atmosphäre propagiert werden, während zugleich hinter den Kulissen ein Spiel mit Haken und Ösen, bei dem nur Ergebnisse zählen, stattfindet.

Bei einem unfairen Angriff, sollte man in keinem Fall emotional reagieren, wobei das Wahren der eigenen Integrität im Umgang mit schwierigen Menschen besonders wichtig ist. Wer in einer unangenehmen Situation innerlich klar bleibt, entscheidet selbst, was er tun und lassen möchte. Nur so verhindert man, kontrolliert zu werden. Manchmal ist es ratsam, den Impuls einer Attacke aufzugreifen und ihn mit einer gewissen Schlagfertigkeit zurückzugeben, was häufig die Situation bereinigt. Schlagfertigkeit kann man bis zu einem gewissen Grad lernen, um geschickt etwas zurückzugeben und einen Angriff mit Entschiedenheit und Standfestigkeit zu parieren. Einige Möglichkeiten sind dabei das

Zurückspiegeln: „Dir fehlt doch komplett der Überblick“, lautet zum Beispiel ein Vorwurf. Man greift ihn einfach auf, und wendet ihn gegen den anderen. „Da sprichst du wohl aus Erfahrung?“

Thematisieren: „Wie sieht es denn hier schon wieder aus, in diesem Chaos kann doch kein Mensch arbeiten“, kommentiert jemand den Zustand des Schreibtisches. „Ordnung ist für dich wohl das halbe Leben?“, gibt man die Kritik zum Beispiel zurück. Der Kernpunkt: Man rechtfertige sich nicht, sondern mache die Ordnungsliebe des anderen zum Thema.

Selbstsicher bleiben: Jemand, der sich kleinmacht, lädt andere dazu ein, auf ihm herumzutrampeln, denn nur wer aufrecht geht, dem wird auch Respekt entgegengebracht. Wer in seinem Selbstbewusstsein stark schwankt, neigt auch eher dazu, bei kritischen Fragen in Verteidigungshaltung zu gehen. Doch auch ein selbstsicheres Auftreten und ein positives Selbstkonzept lassen sich üben.

Bewahren der Leichtigkeit: Kaum etwas wirkt so spielerisch, wie mit großer Leichtigkeit durchs Leben zu gehen. Leichtigkeit lässt sich auch realisieren, wenn man eigentlich irritiert oder eingeschüchtert wird. Wer etwa Humor zeigt, der neutralisiert die ursprüngliche Absicht des anderen, ihn anzugreifen und zu destabilisieren. Wenn man dem Gegenüber recht gibt und dabei sogar übertreibt, kann den anderen in seiner Aggressivität verunsichern. „Bei dir sieht es aber wüst aus.“ „Ja genau, das brauche ich, um kreativ arbeiten zu können.“

Sich distanzieren: Bei einem unfairen Angriff sollte man versuchen, ganz bei sich zu bleiben und nicht emotional zu reagieren. Man braucht sich nicht zu verteidigen, sondern nur sachlich zu bleiben. Es gibt Situationen, in denen Schlagfertigkeit nicht angebracht ist, vor allem wenn es um massive Beleidigungen und Androhung von Gewalt geht. Hier ist es meist sinnvoll, den Kontakt einfach abzubrechen. Auch im privaten Bereich kann es unter Umständen sinnvoll sein, auf Grund eines Angriffes die Beziehung grundsätzlich in Frage zu stellen und in ein intensiveres Gespräch einzutauchen. Im Berufsleben oder bei öffentlichen Auftritten ist dies nicht immer möglich, sodass wir schnell und angemessen auf einen verbalen Angriff reagieren müssen, sonst besteht die Gefahr, dass wir im Gespräch Energie verlieren, ärgerlich werden und wir nach dem Gespräch unzufrieden mit unserer Reaktion und dem Ergebnis sind. Um dies zu vermeiden, kann uns verbale Schlagfertigkeit helfen. Natürlich setzt dies voraus, dass wir während des Gesprächs wach und aufmerksam sind um dann schnell reagieren zu können. Persönliche Angriffe nehmen in der Regel in dem Maße ab, in der unsere Selbstsicherheit zunimmt. Unsere Ausstrahlung hält in vielen Fällen den anderen von Angriffen ab.

Die hier nach Krawiec (2008) zitierten Basisstrategien im Umgang mit persönlichen Angriffen kommen ursprünglich aus der asiatischen Kampfkunst und orientieren sich an den vier Grundelementen: Feuer, Luft, Erde und Wasser.

Strategie des Feuers

Jeder kennt diese Strategie. Wir beantworten einen Angriff mit einem Gegenangriff. Da hier Wärme entsteht, wird diese Strategie mit Feuer bezeichnet. Nicht immer ist diese auch erfolgreich, da es hier zu einem Schlagabtausch kommen kann, der für beide Gesprächspartner sehr kraftraubend ist. Jedoch kann es bei manchem verbalen Angriff durchaus angemessen sein, mit einem Gegenangriff zu kontern. Dies ist in den Fällen angebracht, wo unser Gegenüber nur unsere verbale Kompetenz oder unsere Grenzen testen will und sich dann nach dem Gegenangriff mit unserer Reaktion zufrieden gibt.

Strategie der Erde

Diese Strategie bedeutet den Angreifer sofort zu stoppen und zu Boden zu befördern. In Gesprächssituationen meint dies, dem Gegenüber klare Grenzen aufzuzeigen und zu signalisieren: "Nicht mit mir!". Bei der Strategie der Erde stoppen wir den Angriff durch Aussagen wie: "Ich möchte Sie bitten, in einem anderen Ton mit mir zu sprechen.", "Auf dieser Ebene möchte ich mit Ihnen nicht weitersprechen.", "Gerne bin ich bereit, mit Ihnen darüber zu reden, aber lassen Sie uns das bitte ruhig und sachlich tun" oder "Entweder wir kommen jetzt wieder auf eine sachliche Ebene oder ich beende das Gespräch". Wir setzen dem Gegenüber eine klare und deutliche Grenze und werden das Gespräch nicht weiter fortsetzen, wenn unser Gesprächspartner sein Gesprächsverhalten nicht verändert.

Strategie der Luft

Hiermit ist gemeint, dass der Angriff des Gegners ins Leere geht, weil man einen Seitenschritt macht. In einer Gesprächssituation gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Angriff ins Leere laufen zu lassen. Voraussetzung ist, dass die Äußerung des anderen uns innerlich nicht wirklich trifft. Mögliche Äußerungen sind hier: "Vielen Dank für Ihr Feedback.", "Ja, das stimmt" oder "Interessante Sichtweise". Danach sollte das Gespräch ganz normal weitergeführt werden. Möglich ist auch, dass man sich gar nicht zu dem Angriff äußert, ihn also ignoriert. Dies ist jedoch nur möglich, wenn man nicht schon emotional getroffen ist.

Strategie des Wasser

Man nutzt die Kraft des Angriffes zu einem Gegenangriff, d.h., die Energie des ankommenden Gegners wird für einen Wurf genutzt. Wenn man mit einen Stock ins Wasser schlägt, kann man selbst dabei nass werden. Wenn sich ein Gegner auf einer gewissen Ebene bewegt, können wir auf dieser Ebene zurückschlagen. Wenn man als Mann mit "Junger Mann" angeredet wird, kann man mit "Junge Frau" kontern. Der Angreifer wird dadurch manchmal verunsichert und wechselt dann das Thema. Die Strategie des Wassers ist auch deshalb attraktiv, da man in einem Gespräch durch einen gut gekonterten Angriff, beim Publikum und bei sich selbst Punkte machen kann.

Diese beschriebenen Strategien sind ursprünglich für öffentliche Situationen im Berufsleben gedacht. Natürlich ist es im Privatleben häufig sinnvoller, "Metakommunikation" zu betreiben, das heißt, darüber zu sprechen, wie man miteinander spricht und auch auszudrücken, wie es einem dabei geht.

Einige allgemeine Ratschläge

Die Magie des Namens nutzen, indem man den Choleriker, Besserwisser oder sonstige schwierige Typen häufig beim Namen nennt. Das ist nämlich meist das Lieblingswort von Exzentrikern. Blickkontakt halten, und damit das nicht zum Anstarren ausartet, schaut man dem Gegenüber nicht auf die Nasenwurzel, sondern aufs Kinn und nur gelegentlich in die Augen. In einer Gesprächsrunde sollte man alle Gesprächspartner immer wieder anschauen, denn das schafft Nähe und Respekt. Auch wenn man jemandem direkt antwortet, sollte der Blick vom Fragesteller ausgehend durch die Runde schweifen. Unpräzise Begriffe und Wörter wie "irgendwie", "eigentlich", "klasse", "toll" und "echt" sind zu vermeiden, die die eigene Kompetenz unnötig einschränken könnten.


Die Wirkung von verbaler Aggression

Verbale Beleidigungen verstoßen gegen das universelle moralische Gebot, anderen keinen Schaden zuzufügen, und stellen auch eine Bedrohung für das eigene Gesicht oder den eigenen Ruf dar, sodass diese „verbalen Ohrfeigen“ eine Gelegenheit bieten, die Schnittstelle zwischen Sprache und Emotionen zu untersuchen. Struiksma et al. (2022) haben Elektroenzephalographie und Hautleitfähigkeitsmessungen verwendet, um die kurzfristigen Auswirkungen von verbalen Beleidigungen wie „Linda ist ein Idiot“ oder „Paula ist schrecklich“ mit denen von positiveren Bewertungen wie „Linda ist ein Engel“ oder „Paula ist beeindruckend“ und neutralen Sachbeschreibungen wie „Linda ist eine Studentin“ zu vergleichen und zu untersuchen, wie sich die Reaktionen auf diese verschiedenen Sprechakte in Abhängigkeit von massiven Wiederholungen anpassen. Indem man entweder den Namen des Teilnehmers oder den einer anderen Person verwendete, untersuchte man auch, wie die Wirkung der Aussagen davon abhing, wer bewertet wurde. Eine mehrstufige Analyse mit drei vorgegebenen Latenzbereichen zeigte einen frühen Beleidigungseffekt, der über die Wiederholung hinweg sehr robust war und auch nicht davon abhing, um wen es bei der Beleidigung ging. Dieser Effekt deutet auf eine sehr schnelle und stabile Erfassung der emotionalen Aufmerksamkeit hin, die plausiblerweise durch das Abrufen der bewertenden Wortbedeutung aus dem Langzeitgedächtnis ausgelöst wird. Beleidigungen lösten auch ein größeres spätes positives Potenzial aus, wiederum unabhängig davon, um wen es sich bei der Beleidigung handelte. Die Hautleitfähigkeitsreaktionen zeigten, dass Beleidigungen nicht zu mehr Erregung führten als Komplimente. Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass Beleidigungen auch in einem psycholinguistischen Experiment ohne echte Interaktion zwischen den Sprechern lexikalische „Mini-Ohrfeigen“ auslösen, so dass die stark negativ bewerteten Wörter wie „Idiot“ beim lexikalischen Abruf automatisch Aufmerksamkeit erregen, unabhängig davon, wie oft dieser Abruf erfolgt.

Literatur

Krawiec, I. (2008). Umgang mit persönlichen Angriffen.
WWW: http://www.train-the-trainer-seminar.de/ monatstipps/umgang_mit_ angriffen.htm (09-03-02)

Krawiec, I. (2011). Sozial kompetent trainieren Die Train-the-Trainer-Profiwerkstatt für den gelungenen Umgang mit Teilnehmern. managerSeminare Verlag.

Krawiec, I. (2008). Umgang mit Vorgesetzten. Profil entwickeln - Beruflichen Erfolg steuern. Pocket Business.

Nowotny, V. (2009). Die neue Schlagfertigkeit: Schnell, überraschend und sympathisch. Businessvillage.

Rosenberg, M (2001). Gewaltfreie Kommunikation. Aufrichtig und einfühlsam miteinander sprechen. Paderborn.

Scheibel, G. (o.J.). "Bitte" ist ein schweres Wort – Das Konzept der gewaltfreien Kommunikation.
WWW: http://www.scheibel.at/ (09-03-02)

Stangl, W. (2022, 5. September). Auch verbale Ohrfeigen wirken. was stangl bemerkt …
https://bemerkt.stangl-taller.at/auch-verbale-ohrfeigen-wirken.

Struiksma, Marijn E., De Mulder, Hannah N. M. & Van Berkum, Jos J. A. (2022). Do People Get Used to Insulting Language? Frontiers in Communication, 7 doi:10.3389/fcomm.2022.910023.

Weitere Quellen

https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/gewaltfreie-kommunikation-rosenberg.shtml (11-03-12)



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