[werner.stangl]s arbeitsblätter 

"Die Trutzburg"

Ein Kooperationsspiel

Fünf Spieler erhalten vor dem Spiel ihren Rolleninformationen. Sie spielen fünf Bürger einer mittelalterlichen Stadt:

Bürgermeister, Arzt, Krankenpfleger, Wächter, Schmied.

Sie werden angewiesen, ihre Rollen genau zu studieren und keinem anderen Spieler etwas davon mitzuteilen.

Situation am Spielort:

Die kleine Stadt Trutzburg ist von den Hochbergern belagert. Sie beschuldigen die Trutzburger, einen Kaufmann umgebracht zu haben und fordern innerhalb einer Stunde die Auslieferung des Schuldigen. Jeder der Beteiligten ist in unterschiedlichem Maße mitschuldig an dem Tod des Kaufmanns, keiner will aber die Verantwortung für den Todesfall übernehmen. 

Zweck des Spiels:

Wir wollen Verhaltensweisen studieren, die in jeder Gruppe oder Gesellschaft ablaufen können, die aber in einer ausweglosen Situation wie in diesem Spiel besonders deutlich hervortreten. Daher sollen auch Beobachter am Spiel teilnehmen.

Gespielt wird nun die Beratung der fünf Beteiligten, in der entschieden werden muß, wer als Hauptschuldiger ausgeliefert wird.

Anzahl der Mitspieler: 5 pro Gruppe (mehrere Parallelgruppen möglich); 1 - 2 Beobachter pro Gruppe

Nach dem Spiel soll ein Gespräch über das Gruppenverhalten sowie über das Zustandekommen des Gruppenergebnisses geführt werden.

Quelle:
Frör, Hans (1972). Spielend bei der Sache: 81 Spiele für Schulklassen, Konfirmandengruppen und Gemeindekreise. Spielend bei der Sache. München: Otto Kaiser.


Zur Durchführung von Rollenspielen

Bei der Durchführung von Rollenspiele werden häufig Fehler gemacht, die sich auf den Erfolg ungünstig auswirken können. Deshalb wird dringend empfohlen, dieses Trainingselement vor Beginn des eigentlichen Ernstfalls ausführlich zu erproben. Dabei ist es vor allem wichtig, dass sich der zukünftige Trainer auch einmal selbst in die Rolle des "Spielenden" begibt! Gerade durch diese Selbsterfahrung werden Fehler des Trainers sehr bewußt wahrgenommen und können schnell und effektiv korrigiert werden.

Quelle:
Hinsch, Rüdiger & Ueberschär, Beate (o.J.). Gewalt in der Schule. Ein Trainingsprogramm für Lehrer und Lehramtsstudenten. Arbeitsberichte des Instituts für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam. Band 13

Der Bürgermeister

Die kleine arme mittelalterliche Stadt Trutzburg ist zerstritten mit der großen reichen Stadt Hochberg. 

Der Bürgermeister mag die Hochberger überhaupt nicht. Eines Tages, wie er gerade die Stadtkasse nachzählt, kommt der Schmied angerannt und erzählt:

Eben hat mich der Kaufmann aus Hochberg überfallen wollen. Ich habe mich gewehrt und ihn verwundet. Jetzt liegt er draußen im Schnee.

Der Bürgermeister denkt sich: Das geschieht dem Hochberger recht! Und weil er die Hochberger nicht mag, bleibt er hinter seinem Geld sitzen und sagt nur: Das werden wir schon hinkriegen! 

Der Schmied läuft daraufhin zum Arzt, aber der will nicht hinausgehen. Höchstens wenn der Verwundete hereingebracht wird, behandelt er ihn. Der Schmied bittet den Krankenpfleger, den Kaufmann mit ihm hereinzutragen. Aber der sagt: Nur wenn es der Bürgermeister mir befiehlt. 

Da kommt der Schmied zum Bürgermeister zurück und erzählt ihm alles. Der Bürgermeister sagt: Na, meinetwegen soll er ihn reinschaffen. 

Sie schaffen den Kaufmann herein, der Arzt verbindet seine Wunden, aber in der Nacht stirbt der Kaufmann. Der Arzt sagt: Der war nicht mehr zu retten. Die Kälte hat ihn fertiggemacht. Wenn der Wächter gleich gesehen hätte, was los ist und uns Bescheid gegeben hätte, hätte ich ihn vielleicht durchgebracht. 

Der Wächter sagt: Ich habe von dem ganzen Vorfall nichts gesehen.

Kurze Zeit darauf kommen die Soldaten von Hochberg vor die Stadt. Sie sind in der Übermacht. Sie lassen den Trutzburgern eine Botschaft überbringen: 

Liefert uns innerhalb einer Stunde den Schuldigen aus, der den Kaufmann getötet hat, sonst brennen wir die ganze Stadt nieder.

Der Arzt

Die kleine arme mittelalterliche Stadt Trutzburg ist zerstritten mit der großen reichen Nachbarstadt Hochberg.

Eines Tages kommt der Schmied zum Arzt und sagt ihm: Draußen vor der Stadt liegt ein Kaufmann von Hochberg verwundet im Schnee. Komm doch raus und hilf ihm! Er hat mich überfallen wollen und ich habe mich gewehrt und ihn verwundet. Eben war ich schon beim Bürgermeister, aber der will nichts unternehmen. Der Arzt denkt sich: Geschieht ihm recht, dem Hochberger! und sagt: Was, ich soll zu einem Hochberger herausgehen bei dieser Kälte? Fällt mir gar nicht ein. Bringt ihn rein, dann kann ich ihn vielleicht behandeln.

Der Schmied läuft zum Krankenpfleger und bittet ihn, den Kaufmann mit hereinzutragen. Aber der sagt: Nur wenn es der Bürgermeister befiehlt.

Der Schmied rennt zum Bürgermeister, der befiehlt es endlich, und so schaffen beide, der Schmied und der Krankenpfleger, den Kaufmann zum Arzt. 

Der Arzt sieht, dass der Kaufmann todkrank ist, weil er so lange im Schnee gelegen hat. Er verbindet seine Wunden, aber Arznei gibt er ihm nicht, weil er sich denkt, wozu soll ich diesem Hochberger auch noch kostenlos meine teure Arznei geben? 

In der Nacht stirbt der Kaufmann. Der Arzt sagt zu den anderen: Der war nicht mehr zu retten. Die Kälte hat ihn fertiggemacht. Wenn der Wächter ihn gleich gesehen hätte, hätte ich ihn vielleicht durchgebracht.

Verwundete hereingebracht wird, behandelt er ihn. Der Schmied bittet den Krankenpfleger, den Kaufmann mit ihm hereinzutragen. Aber der sagt: Nur wenn es der Bürgermeister mir befiehlt. 

Der Wächter sagt: Ich habe von dem ganzen Vorfall nichts gesehen.

Kurze Zeit darauf kommen die Soldaten von Hochberg vor die Stadt. Sie sind in der Übermacht. Sie lassen den Trutzburgern eine Botschaft überbringen: 

Liefert uns innerhalb einer Stunde den Schuldigen aus, der den Kaufmann getötet hat, sonst brennen wir die ganze Stadt nieder.

Kurz vor der Beratung kommt der Wächter zum Arzt und bezahlt ihm eine längst fällige Rechnung.

Der Krankenpfleger

Die kleine arme mittelalterliche Stadt Trutzburg ist zerstritten mit der großen reichen Nachbarstadt Hochberg.

Zum Krankenpfleger von Trutzburg kommt eines Tages der Schmied und sagt: Draußen vor der Stadt liegt ein Kaufmann aus Hochberg. Er ist verwundet. Er hat mich angefallen, ich habe mich gewehrt und ihn zusammengeschlagen. Wir können ihn nicht im Schnee liegen lassen. Komm und hilf mir, ihn reinzutragen!

Der Krankenpfleger hat wenig Lust, einem Hochberger zu helfen. Deswegen sagt er: Du hast mir nichts anzuschaffen. Wenns der Bürgermeister befiehlt, geh ich hinaus, sonst nicht. Eigentlich ärgert er sich ja oft über den Bürgermeister, der so viel anschafft. Aber jetzt ist es ihm ganz recht.

Der Schmied sagt, er wäre schon beim Bürgermeister gewesen und beim Arzt, und beide wollten nicht so recht was tun. Aber der Krankenpfleger bleibt dabei.

Der Schmied läuft weg, und nach einer Weile kommt er wieder und berichtet, der Bürgermeister hätte es jetzt befohlen.

Da geht der Krankenpfleger mit ihm hinaus, und sie holen den Verwundeten rein.

Der Arzt verbindet seine Wunden. Aber in der Nacht stirbt der Kaufmann. Der Arzt sagt: Der war nicht mehr zu retten. Die Kälte hat ihn fertiggemacht. Wenn der Wächter gleich gesehen hätte, was los ist, und uns gleich Bescheid gegeben hätte, hätte ich ihn vielleicht durchgebracht. 

Kurze Zeit darauf kommen die Soldaten von Hochberg vor die Stadt. Sie sind in der Übermacht. Sie lassen den Trutzburgern eine Botschaft überbringen: 

Liefert uns innerhalb einer Stunde den Schuldigen aus, der den Kaufmann getötet hat, sonst brennen wir die ganze Stadt nieder. 

Der Wächter

Die kleine arme mittelalterliche Stadt Trutzburg ist zerstritten mit der großen reichen Nachbarstadt Hochberg. 

Der Wächter steht auf dem Turm und beobachtet die Straße, die an der Stadt vorbeiführt.

Eines Tages sieht er, wie der Schmied von Trutzburg einen Kaufmann, der aus Hochberg die Straße entlang kommt, überfällt und niederschlägt. Er meldet es aber nicht in der Stadt, weil er denkt: Was gehen mich die Hochberger an? 

Kurz darauf kommt der Schmied zu ihm in den Turm gestiegen und gibt ihm Geld, damit er den anderen sagen soll, er hätte nichts gesehen.

Dem Wärter ist es recht. Er verspricht, nichts zu sagen.

Der Schmied läuft weiter zum Bürgermeister und bittet ihn, dem Verwundeten draußen im Schnee zu helfen. Er stellt die Sache so hin, als ob der Kaufmann ihn überfallen hätte, und im Kampf hätte er ihn dann verwundet.

Der Bürgermeister tut nichts. 

Da läuft der Schmied zum Arzt. Der Arzt will aber nicht hinausgehen. Der Schmied bittet nun den Krankenpfleger, mit ihm den Verwundeten zu holen. Der Krankenpfleger läßt sich aber nur vom Bürgermeister anschaffen. Endlich gibt ihm der Bürgermeister den Befehl, den Kaufmann reinzuschaffen.

Aber es ist schon zu spät. In der Nacht stirbt der Kaufmann. Der Arzt sagt: Wenn der Wächter gleich gesehen hätte, dass da einer verwundet im Schnee liegt, und uns gleich Bescheid gegeben hätte, hätte ich ihn retten können.

Kurze Zeit darauf kommen die Soldaten von Hochberg vor die Stadt. Sie sind in der Übermacht. Sie lassen den Trutzburgern eine Botschaft überbringen: 

Liefert uns innerhalb einer Stunde den Schuldigen aus, der den Kaufmann getötet hat, sonst brennen wir die ganze Stadt nieder. 

Kurz vor der Beratung kommt der Wächter zum Arzt und bezahlt eine längst fällige hohe Rechnung mit dem Geld, das der Schmied ihm gegeben hat.

Der Schmied

Die kleine arme mittelalterliche Stadt Trutzburg ist zerstritten mit der großen reichen Nachbarstadt Hochberg. 

Der Schmied von Trutzburg sieht eines Tages vor der Stadt einen Kaufmann aus Hochberg vorbeikommen. Er denkt sich: Dem nehme ich sein Geld ab! Er überfällt ihn, schlägt ihn zusammen und nimmt ihm das Geld. Wie er aber den Kaufmann verwundet im Schnee liegen sieht, bekommt er es mit der Angst und rennt in die Stadt, um Hilfe zu holen. 

Zuerst geht er allerdings zum Wächter auf den Turm. Der hat alles mit angesehen. Der Schmied gibt ihm die Hälfte des geraubten Geldes, damit er nichts verrät. Der Wächter verspricht, nichts zu sagen. 

Der Schmied läuft zum Bürgermeister und sagt zu ihm: Eben hat mich ein Kaufmann aus Hochberg überfallen wollen. Jetzt liegt er draußen im Schnee. Der Bürgermeister zählt gerade die Stadtkasse nach und sagt nur: Das werden wir schon hinkriegen. Er tut aber nichts.

Da läuft der Schmied zum Arzt und sagt: Komm mit mir vor die Stadt hinaus und hilf dem verwundeten Kaufmann! 

Der Arzt sagt: Was? Zu einem Hochberger soll ich hinausgehen? Fällt mir gar nicht ein. Wenn ihr ihn hereinschafft, werde ich ihn vielleicht behandeln. Sonst nicht. 

Da rennt der Schmied zum Krankenpfleger und bittet ihn: Trag doch mit mir den Kaufmann herein. Allein schaffe ich es nicht. 

Der Krankenpfleger sagt: Du hast mir gar nichts zu befehlen. Wenns der Bürgermeister sagt, komm ich mit, sonst nicht. 

Der Schmied läuft wieder zum Bürgermeister. Der ist immer noch am Geldzählen Er sagt: Meinetwegen soll er ihn hereinschaffen. 

Der Schmied läuft zum Krankenpfleger , und beide tragen den Kaufmann in die Stadt.

Der Arzt verbindet seine Wunden, aber in der selben Nacht stirbt der Kaufmann. Der Arzt sagt: Der war nicht mehr zu retten. Die Kälte hat ihn fertiggemacht. Wenn der Wächter gleich gesehen hätte, was los ist, und uns gleich Bescheid gegeben hätte, hätte ich ihn vielleicht durchgebracht. 

Kurze Zeit darauf kommen die Soldaten von Hochberg vor die Stadt. Sie sind in der Übermacht. Sie lassen den Trutzburgern eine Botschaft überbringen: 

Liefert uns innerhalb einer Stunde den Schuldigen aus, der den Kaufmann getötet hat, sonst brennen wir die ganze Stadt nieder. 

Beobachtungs- und Feedbackbogen

Während der Kooperationsübung sollst Du mit einem anderen Beobachter zusammen die Gruppe bei der Durchführung der Übung beobachten. Einige Dich mit den anderen Beobachtern, wer wen beobachtet (vergeßt niemanden!).

Wichtig ist, dass Du Verhalten, das Dir auffällt, aufschreibst oder Dir genau einprägst, damit Du nach der Übung dem betreffenden Mitglied Deine Beobachtungen mitteilen kannst.

Versuch dabei, so genau und konkret wie möglich zu berichten und bemühe Dich, möglichst nicht in allgemeine Redensarten zu verfallen ('kooperativer Arbeitsstil, autoritäre Haltung, Egoismus u.ä.). Diese mehr oder weniger pauschalen Urteile nützen dem Betreffenden in aller Regel nichts, es wird wahrscheinlich zu einer Diskussion um die Frage kommen, ob Deine Aussage richtig oder falsch ist ('Wieso war ich egoistisch?"). Konkrete Informationen sind dagegen viel besser zu verraten. Wenn es für Dich möglich ist, kannst Du auch Vermutungen zu folgender Frage anstellen: Wieso hat sich der Beobachtete so (und nicht anders) verhalten?

Feedbackbogen

Für Gruppenmitglied:

......................................................

Ordnen Sie bitte die anderen Mitglieder der Gruppe auf den folgenden Skalen ein. Kreuzen Sie die entsprechende Zahl von 1 (sehr gering) bis 6 (sehr stark) an.

Ergänzen Sie nach Möglichkeit die pauschale Bewertung durch ein konkretes Feedback. 

1. Wie stark hat er / sie der Gruppe bei ihrer sachlichen Arbeit geholfen?

1 ... 2 ... 3 ... 4 ... 5 ... 6

2. Wie stark hat er / sie die Gruppenarbeit im sozial-emotionalen Bereich gefördert?

1 ... 2 ... 3 ... 4 ... 5 ... 6

3. Raum für (ein) konkretes Feedback:

Siehe auch das Das NASA-Spiel - Die Notlandung auf dem Mond

 

Weitere Quellen für Kooperationsspiele

Schwäbisch, L. & Siems, M. (1974). Anleitung zum sozialen Lernen für Paare, Gruppen und Erzieher. Hamburg: Rowohlt.

Vopel, Klaus (1978). Interaktionsspiele 1-6. Hamburg: Iskopress.

Vopel, Klaus (1978). Handbuch für Gruppenleiter: Zur Theorie und Praxis der Interaktionsspiele. Hamburg: Iskopress.

 

Unter Verwendung von http://www.ipts.de/ipts23/englisch/feed.htm (01-12-03)

 



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