SIEB.10/LYRIK/

Werner Stangl

GROSSE ELEGIE

Da soll ich - Mensch -
mit meinen haßbehangnen Händen
Welt formen
aus den Klängen der Ewigkeit.
Ballast göttlicher Zeit
drängt auf Vollendung -
Chaos bleibt.
Titanenwerk - Titanenqualen -
stumm schlägt das Licht die alte Rache
auf meinen müden Rücken.
Entbunden dem Reich der Väter
hab ich mich wiedergefunden
auf einem Totenhügel.
An tausend Stürmen prüft sich die Gewalt -
die Äste brechen,
Stamm muß stehen,
Wurzeln suchen Halt.
Ich klage meine Angst
in trotzigen Gebeten.
versunken sind der Wörter Städte,
die Straßen, die Alleen dahin.
Die Balken der Kreuze
fangen die Ketten des Windes.

Ich kann die Welt nicht formen
mit meinen haßgebundnen Händen.
Das Drohen des Abends
zerschlägt mit dem Hammer der Erinnerungen
den greisen Tag.
Ich will... ich will...
wer wird die Nacht begrüßen?
Den Saum der Stürme
mit toten Lippen küssen?
Ewigkeit bricht aus den Gräbern,
zerreißt die erschmerzten Gestalten.
Wohin ihr Boten eines fremden Gottes,
wohin ihr Reiter des Untergangs?

Ich darf die Welt nicht formen
mit meinen haßbeladnen Händen.
Zerschellt ihr berge,
zerbrecht ihr Kontinente,
kann euch nicht halten,
darf es nicht.
Denn Götter schwören heiß're Schwüre.
Am Anfang war der Untergang,
ein andrer hat die Welt geformt
mit leeren Händen

SIEB.10 @ 4711 e-zine für literatur

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