*karl heinz seifert & werner stangl: Einstellungen zur Berufswahl und beruflichen Arbeit (EBwA-HS) *

Kurzbeschreibung

1. Testkonzept

1.1. Theoretischer Hintergrund

Der EBwA-Fragebogen ist ein Fragebogen zur Messung von berufswahlbezogenen Einstellungen, der auf dem Modell der Laufbahnreife von CRITES bzw. dem von diesem Autor entwickelten Career Maturity Inventory (CMI; CRITES 1978) basiert.

1.2. Testaufbau

Das EBwA-Fragebogen besteht aus 39 Statements mit sechs Antwortkategorien (von "stimme völlig zu" bis "stimme überhaupt nicht zu").

Neben der Berechnung eines Gesamtwertes sind vier Subskalenwerte berechenbar:

1.3. Itembeispiele

I. Sicherheit/Entschiedenheit bei der Berufswahlvorbereitung und der Berufswahlentscheidung
Items: 6, 9, 11, 18, 20, 21, 28, 29, 32, 34, 39, 41

"Ich weiß nicht recht, was ich tun soll, um den richtigen Beruf zu wählen."(Item 28)
"Ich schwanke oft, welchen Beruf ich später einmal ergreifen soll." (Item 20)

II. Berufswahlengagement und berufliche Orientierung
Items: 1, 7, 8, 12, 13, 15, 16, 17, 22, 25, 26, 27, 37, 42, 44

"Man sollte jeden Arbeitsplatz oder Ausbildungsplatz annehmen, der einem angeboten wird. Wichtig ist allein, daß man überhaupt einen Beruf hat." (Item 42)
"Wenn man weiß, welchen Beruf man am liebsten ergreifen möchte, braucht man sich nicht mehr damit zu beschäftigen, welche Berufsmöglichkeiten es sonst noch gibt." (Item 25)

III. Informationsbereitschaft und Flexibilität bei der Berufswahlentscheidung
Items: 19, 31, 36, 43, 45

"Bevor man die endgültige Entscheidung trifft, sollte man sich über mehrere Berufe informiert haben." (Item 45)
"Wenn ich in meinem Wunschberuf nicht unterkommen kann, werde ich mich nach einem anderen Beruf umschauen, der zu mir paßt." (Item 43)

IV. Eigenaktivität und Selbständigkeit bei der Berufswahlentscheidung
Items: 2, 10, 23, 30, 33, 35, 38

"Meine Eltern werden schon den richtigen Beruf für mich aussuchen." (Item 30)
"Die Suche nach einem Ausbildungsplatz oder Arbeitsplatz überläßt man am besten seinen Eltern." (Item 35)

2. Testkonstruktion

Ausgehend von einer Übertragung des Originalverfahrens (CMI) wurden nach einem Vortest zusätzliche Items konstruiert und in mehreren Optimierungsschritten auf die derzeitige Fassung reduziert.

Zu dieser Optimierung im Rahmen der klassischen Testtheorie wurden Faktorenanalysen und Trennschärfekoeffizienten berechnet.

3. Gütekriterien

Derzeit liegt eine gemischte Längs- und Querschnittuntersuchung mit 580 Probanden (Schülern der 8. und 9. Schulstufe) vor.

3.1. Objektivität

Die Vorgabe erfolgt mit einer standardisierten Instruktion im Gruppenversuch, wodurch eine den Standards psychologischer Testverfahren entsprechende Objektivität gegeben ist.

3.2. Reliabilität

Die Reliabilitäten der einzelnen Skalen liegen zwischen 0.57 und 0.88 (Cronbach-Alpha) bzw. 0.40 und 0.77 (Guttman-Alpha). Die Stabilitätskoeffizienten lagen für den Zeitraum von 8 bis 9 Monaten zwischen 0.57 und 0.71.

3.3. Validität

Die Überprüfung der Konstruktvalidität (Interkorrelationen zwischen den Subskalen, Korrelationen mit dem LBE-Fragebogen {Fragebogen zur Laufbahnentwicklung, SEIFERT & EDER 1985}, Veränderungen von der 8. zur 9. Schulstufe, Unterschiede zwischen Jugendlichen mit unterschiedlichem Bildungsniveau und unterschiedlichen Laufbahnintentionen) erbrachten befriedigende Resultate.

Zur Abklärung der kriterienbezogenen Validität wurden die EBwA-Scores zu verschiedenen Variablen der individuellen Berufswahlsitution und des vorberuflichen Verhaltens (u.a. subjektive Problembelastung, Selbstkonzept-Beufskonzept-Kongruenz) in Beziehung gesetzt. Auch hier fanden sich erwartungsgemäße Zusammenhänge.

Zur Abklärung der prädiktiven Validität liegen Daten einer Follow-Up-Untersuchung vor. Die Auswertung dieser Ergebnisse wird derzeit vorgenommen.

3.4. Normierung

Aufgrund der bisherigen Untersuchungen bzw. der Zusammensetzung der Stichproben können die Ergebnisse noch nicht auf andere Probvandengruppen übertragen werden.

4. Durchführung

4.1. Testformen

Das Verfahren wurde bisher nur im Gruppenversuch eingesetzt, kann aber bei entsprechender Modifikation der Instruktion auch im Einzelversuchversuch durchgeführt werden.

4.2. Altersbereiche

Der Fragebogen ist derzeit auf Schüler der 8. und 9. Schulstufe beschränkt, der Einsatz des Verfahrens auch für Schüler der 6. und 7. Schulstufe ist nach einigen Modifikationen möglich.

4.3. Durchführungszeit

Der Zeitaufwand beträgt zwischen 10 und 15 Minuten.

4.4. Material

Der Test liegt in Form eines Testheftes vor.

4.5. Instruktion

Diese liegt standardisiert vor. Zusätzliche Angaben sind erfahrungsgemäß nicht notwendig.

4.6. Durchführungsvoraussetzungen

Der Testleiter sollte mit den Grundsätzen der Anwendung von psychologischen Tests vertraut sein. Er sollte in der Lage sein, Fragen, die während der Testdurchführung auftauchen können, im Sinne einer möglichst geringen Beeinflussung der Probanden zu beantworten.

5. Auswertung

5.1. Auswertungshilfen

Für die Verarbeitung größerer Datenmengen steht ein SPSS- Programm zur Verfügung, es ist auch eine manuelle Auswertung mit Schablonen möglich.

5.2. Auswertungszeit

Pro Befragten ist mit einer Auswertungszeit von etwa 30 Minuten zu rechnen.

6. Anwendungmöglichkeiten

Anwendungsmöglichkeiten liegen vorwiegend im Bereich der Forschung. Für die Beratungspraxis (Berufsberatung) ist das Verfahren aufgrund fehlender Normwerte nur bedingt geeignet. Praktische Erfahrungen in dieser Richtung fehlen noch.

7. Kritische Zusammenfassung

Die bisher gesammelten Erfahrungen ergaben die Eignung des Verfahrens für wissenschaftliche Zwecke, einige Validitätsaspekte bedürfen allerdings noch einer eingehenden Untersuchung

8. Literatur

Stangl, Werner & Seifert, Karl-Heinz (1986). Der Fragebogen Einstellungen zur Berufswahl und beruflichen Arbeit (EBwA-HS). diagnostica, 3, 153-164.

9. Bearbeiter

W. Stangl

 

Siehe auch:

Der Fragebogen Einstellungen zur Berufswahl und beruflichen Arbeit (EBwA-HS). diagnostica 1986, 3, 153-164. (gemeinsam mit Karl Heinz Seifert) (pdf 56 KB)

Im Rahmen von Untersuchungen zur Berufswahlreife von Hauptschülern wurde im Anschluß an die Attitude Scale des Career Maturity Inventory von Crites ein Fra-gebogen zur Messung der berufwahlbezogenen Einstellungen (EBwA-Fragebogen) entwickelt. Bei der Anwendung und teststatistischen Uberprüfung des Verfahrens bei 580 Schülern der 8. und 9. Schulstufe konnten sowohl für die Gesamtskala wie für die vier Subskalen befriedigende bis akzeptable Kennwerte ermittelt werden. Die Konstruktvalidität konnte durch überwiegend erwartungsgemäße Zusammenhänge mit verschiedenen Indikatoren der Berufswahlentwicklung bestätigt werden. Bei der Uberprüfung der kriterienbezogenen Validität ergaben sich psychologisch überzeugende Beziehungen mit Variablen der Berufswahlsituation und des vorbe-ruflichen Verhaltens.

On the basis of the model of career maturity in adolescence and the Attitude Scale of the Career Maturity Inventory (Crites) an inventory for measuring the vo-cational choice attitudes of students of compulsory general secondary schools was developed. The so-called „EBwA-Fragebogen" comprises the following dimen-sions: (I) certainty/decisiveness, (Il) involvement and orientation in career decision making, (III) readiness for information-seeking and vocational flexibility, and (IV) ini-tiative and autonomy (independence) in vocational choice preparation. Statistical test analyses on the results of 580 students of grade 8 and grade 9 yielded satisfying values. The construct validity couid be confirmed by significant correlations with se-veral construct-related indices. In testing the criterion-related validity, psychologi-cally convincing relationships with variables of the vocational choice situation and of prevocational behavior couid be found.


Günter Ratschinski (Universität Hannover) hat 2014 in einer Untersuchung zu Berufsorientierungsmaßnahmen ein neues Konzept entwickelt, das die Berufswahlbereitschaft und -fähigkeit als Metakompetenz aus Identität, Adaptabilität und Resilienz ableitet. Dabei wurden auch die Skalen des EBwA in der Untersuchung verwendet. Dazu heißt es im Abstract zu dem im Online-Fachjournal für Berufs- und Wirtschaftspädagogik veröffentlichten Artikel:

Berufsorientierungsmaßnahmen sollen Jugendlichen berufliche Optionen nahebringen, Kenntnisse über die eigenen Stärken vermitteln und Zukunftsplanungen und Berufsentscheidungen erleichtern. Für diese Zielsetzungen hat sich in Deutschland das Konzept Berufswahlkompetenz etabliert. Es ist die moderne Variante der Berufswahlwahlreife, die Super 1955 als Index für den beruflichen Entwicklungsstand Heranwachsender einführte. Die bisher vorgeschlagenen Modelle der Berufswahlkompetenz nutzen Skalen und Konzepte der klassischen Reifetheorie und re-arrangieren sie zusammen mit neueren Konzepten vornehmlich zu umfassenden Fragebogenbatterien. In diesem Beitrag wird das Konzept der Berufswahlkompetenz als hierarchisches System der Metakompetenzen Identität, Adaptabilität und Resilienz definiert und in einem ökonomischen Screening-Verfahren operationalisiert. Die Wahl der Metakompetenzen macht das Verfahren anschlussfähig an den internationalen Fachdiskurs und lässt Parallelen zu vergleichbaren Konzepten der Employability und Adaptability zu.

Download des gesamten Artikels: http://www.bwpat.de/ausgabe27/ratschinski_bwpat27.pdf (15-02-26)

 

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