[werner.stangl]s arbeitsblätter 

Der Einfluss des Fernsehens auf die geistige und emotionale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen

Literatur

Heller, Frank (Hrsg.) (1986). The use and abuse of social science. London.
Manfred Spitzer lehrt Psychiatrie an der Universität Ulm. Einige Bücher: "Geist im Netz", "Musik im Kopf", "Selbstbestimmen", "Vorsicht Bildschirm. Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft". Zusammengestellt nach http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/
archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0827/magazin/
0002/ (05-09-26)


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Manfred Spitzer kommt unter dem Titel "Vorsicht Bildschirm!" in einem Artikel in der Online-Version der Berliner Zeitung vom 27.08. 2005 zu dem Schluss, dass Fernsehen die Köpfe der Kinder vermüllt und diese dumm und gewalttätig macht. Er fasst dabei einige Studien zur Medienwirkung zusammen und stellt zusammenfassend fest, dass Fernsehkonsum ungünstige Auswirkungen auf die schulischen Leistungen hat, wobei der Effekt alle Fächer betrifft und nicht mit anderen Faktoren zu erklären ist bzw. sich sogar langfristig auf den später erreichten Ausbildungsgrad auswirkt. Besonders beunruhigend sei dabei die langfristige Wirkung des Fernsehkonsums in sehr jungen Jahren. Interessant ist in diesem Zusammenhang das in verschiedenen Studien festgestellte und von der Forschung als "Third-Person-Effect" bezeichnete Phänomen, dass sich die Überzeugung von der Gefährlichkeit der Medien nicht auf die eigene Person bezieht, sondern es lediglich die Anderen sind, die als höchst gefährdet betrachtet werden.

Gerald Hüther erklärt in einem Interview in der Süddeutschen, welche Folgen es seiner Meinung nach vor allem für junge Menschen hat, die immer mehr Zeit online verbringen, indem sie Videos laden, twittern, chatten und versuchen, in ihren sozialen Netzwerken nichts zu verpassen. "Wenn Jugendliche den ganzen Tag mit großer Begeisterung SMS-Botschaften verschicken, führt das dazu, dass im Gehirn aus den kleinen Wegen und Nervenverbindungen Straßen werden, auf denen genau dieser Prozess immer flüssiger abläuft. Wir wissen, dass die Hirnregion, die den Daumen steuert, bei Jugendlichen in den vergangenen zehn Jahren viel größer geworden ist." Die intensive Beschäftigung mit dem Internet begünstigt die Fähigkeit, schnell Bildmuster zu erkennen, trainiert das Bewegen der Maus die Kopplung zwischen Auge und Hand wer viel fernsieht, ist in der Lage, schnelle Szenenwechsel zu begreifen. "Um die Aufmerksamkeit der Zuschauer weiter zu fesseln, ist das Fernsehen in den vergangenen 20 Jahren immer schneller und bunter geworden. Die Jugendlichen, die nur das kennen gelernt haben, können heute keinen Film mehr aus den 50er Jahren ertragen. Ihr Gehirn hat sich an die schnellen Sequenzen angepasst. Mehr als drei Seiten in einem Buch zu lesen, überfordert sie - weil sie verlernt haben, selbst Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Schneller, bunter und aufregender als das Fernsehen kann für sie nur noch ein interaktives Medium sein."

Siehe dazu auch die Arbeitsblätter
Medien und Psychologie
Thesen zur Wirkung von Gewaltdarstellungen
Gewalt in MedienThesen zur Wirkung von Gewalt in den Medien
Methoden der Wirkungsforschung
Ausmaß der Gewalt im Fernsehen

Auswirkungen des Fernsehkonsums im Kindes- und Jugendalter auf das Bildungsniveau des Erwachsenen

Eine neuseeläändische Studie, die die Auswirkungen des Fernsehkonsums im Kindes- und Jugendalter auf das Bildungsniveau des Erwachsenen erforschte, kam zu dem Ergebnis: Je mehr zwischen dem fünften und fünfzehnten Lebensjahr ferngesehen wird, desto schlechter ist mit 26 Jahren das erreichte Bildungsniveau.

Einfluss des Fernsehens auf die berufliche Qualifikation von Kindern mit mittlerem Intelligenzniveau

Am deutlichsten beeinflusst das Fernsehen die berufliche Qualifikation der Kinder mit mittlerem Intelligenzniveau, d.h., der gering Begabte erreicht eher keinen Abschluss, während der Hochbegabte an der Universität landet - mit oder ohne viel Fernsehen. Was aber in der Mitte der Intelligenzverteilung geschieht, hängt sehr wesentlich davon ab, wie viel ferngesehen wird - das betrifft statistisch betrachtet den größten Teil der Kinder und Jugendlichen.

Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten bei Vielfernsehern

In einer repräsentativen US-amerikanischen Erhebung fand man. dass im Alter von sechs Jahren Kinder, die zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr viel fernsehen (mehr als drei Stunden täglich) eine deutliche Beeinträchtigung ihrer kognitiven Fähigkeiten (Konzentration, Lesefähigkeit, Sprachverständnis, mathematische Fähigkeiten) gegenüber Wenigsehern (weniger als drei Stunden täglich) zeigen. Dieser Effekt war bei Kindern, die bereits vor dem dritten Lebensjahr viel fernsehen, besonders ausgeprägt.

Siehe auch Medienwirkung - einmal anders betrachtet

Fernsehen und schulische Leistungen

Eine Studie untersuchte an Schülern von dritten Klassen in Kalifornien den Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Fernsehers im Kinderzimmer und den schulischen Leistungen in Mathematik, im Lesen, im Sprach- und im Kunstunterricht. In allen drei Bereichen schnitten die Kinder ohne eigenen Fernseher deutlich besser ab als diejenigen, die über einen verfügen.

Zusammenhang zwischen Fernsehen und gestörter Aufmerksamkeit

Amerikanische Wissenschaftler publizierten im Jahr 2004 eine Studie, aus der ein Zusammenhang zwischen Fernsehen und gestörter Aufmerksamkeit klar hervorgeht. Zehn Prozent der untersuchten Kinder insgesamt litten unter Aufmerksamkeitsstörungen. Das wichtigste Ergebnis der Untersuchung war: Je mehr Zeit Kinder zwischen zwei und vier Jahren vor dem Fernseher verbringen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in der Grundschule an einer gestörten Aufmerksamkeit leiden.

Fernsehen und Leseleistung

In einer deutschen Studie teilte man Kinder im Kindergartenalter in Wenigseher (15 bis 20 Minuten täglich), Normalseher (etwa eine Stunde) und Vielseher (mehr als zwei Stunden) ein. Dann wurde die Leseleistung der Kinder im ersten und dritten Schuljahr gemessen. Die Vielseher hatten im Verlauf der zweiten und dritten Klasse nicht die gleiche Leistungszunahme wie die Kinder, die insgesamt weniger fernsahen. Es liegt also tatsächlich am Fernsehen im Kindergartenalter, dass das Lesen in der Schule nicht so gut funktioniert.

Der Einfluss des Fernsehens auf die Entwicklung von Sprach- und Lesekompetenzen von Kindern wurde von Ennemoser, Schiffer, Reinsch & Schneider (2003) untersucht. Bekanntlich werden Befürchtungen im Hinblick auf mögliche schädliche Wirkungen dieses Mediums geäußert, wozu auch Bedenken im Hinblick auf die soziale und emotionale Entwicklung geäußert und Beeinträchtigungen kindlicher Sprach- und Lesefertigkeiten diskutiert werden. Meist stehen folgende Annahmen hinter den befürchteten negativen Auswirkungen, etwa dass das Fernsehen das Lesen in der Freizeit verdrängt (Verdrängungs-Hypothese), dass sich Kinder aufgrund der täglichen Bilderflut nicht mehr ausreichend konzentrieren können (Konzentrationsabbau-Hypothese) oder dass das Lesen durch das unterhaltsame Medium Fernsehen als vergleichsweise unattraktiv betrachtet wird (Leseabwertungs-Hypothese). Zwar wird dem Fernsehen auch ein gewisses förderliches Potential zugeschrieben. etwa im Hinblick auf Sendungen mit pädagogischen Inhalten. Die Ergebnisse verschiedener Studien zeigen, dass Kinder mit besonders hohem Fernsehkonsum (Vielseher) in der Regel die schwächsten Leistungen bei Sprach- und Lesetests erbringen. In einzelnen Teilbereichen verfügen vielsehende Kinder nicht nur über eine ungünstigere Ausgangslage, sondern sie zeigten im Verlauf eines Jahres auch deutlich geringere Leistungszuwächse als ihre Altersgenossen. Hinzu kommt, dass Kinder aus benachteiligten Milieus höhere Fernsehzeiten aufwiesen, wobei verstärkter Fernsehkonsum mit insgesamt schwächeren Sprach- und Leseleistungen korrespondiert. Beobachtet werden auch Interaktionen zwischen Fernsehkonsum und Sozialstatus, dass innerhalb der Gruppe der Kinder mit hohem sozioökonomischen Status die Vielseher häufig besonders schlechte Leistungen erbringen. Die Mainstreaming-Hypothese, der zufolge hoher Fernsehkonsum Schichtunterschiede in den Leistungsmaßen reduziert, ist eher gering, dass es also leistungshomogenisierenden Effekte durch erhöhten Fernsehkonsum gibt.

Medienwirkung und Psychologie

Fernsehkonsum und Sprachkompetenz

Arbeitslose Eltern aus Wien-Ottakring haben ihre vier Kinder im Alter von bis zu viereinhalb Jahren über Monate hinweg täglich stundenlang vor dem Fernseher im Kinderwagen gefesselt festgehalten. Die zwei Mädchen und zwei Buben wiesen erhebliche Entwicklungsdefizite auf, wobei der viereinhalbjährige Sohn kaum sprechen und die dreieinhalbjährige Tochter nicht gehen kann.
Quelle:
Die Presse vom 20. April 2011

Roseberry et al. (2009) untersuchten in drei Studien an 93 Kindern zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Jahren, ob sie aus Fernsehsendungen - vor allem Sendungen, die als erzieherisch wertvoll eingestuft werden - neue Zeitwörter lernen können. Unter Dreijährige profitierten dabei sprachlich von den Videos kaum, wenn sie die Ausschnitte alleine ansahen, war allerdings ein Erwachsener anwesend, der die Handlung vormachte, die später im Video gezeigt wurde, konnten sich die Kinder die neuen Wörter weit besser merken. Ältere Kinder hingegen profitierten sprachlich von den Sendungen.

In einer Längsschnittstudie wurde versucht, unter Berücksichtigung von Intelligenzunterschieden mögliche Effekte des Fernsehens auf die Entwicklung von Sprach- und Lesekompetenzen von 332 Grundschulkindern aufzudecken. Die Kinder der beiden etwa gleich großen Alterskohorten waren zu Beginn der Studie durchschnittlich etwa sechs bzw. acht Jahre alt. Im Rahmen dieser Untersuchung wurden Kinder mit hohem Fernsehkonsum (Vielseher) und Kinder mit weniger stark ausgeprägtem Fernsehkonsum (Normal- und Wenigseher) in Bezug auf die Entwicklung ihrer (schrift)sprachlichen Leistungen verglichen, wobei die Intelligenz als zusätzlicher Faktor berücksichtigt wurde.

Obwohl die allgemeine Intelligenz der Kinder durchgängig die stärksten Effekte zeigte, erwies sich auch der Fernsehkonsum als relevanter Einflussfaktor. Dabei ergaben sich in der jüngeren Altersgruppe Interaktionen zwischen den Faktoren in dem Sinne, dass die Vielseher gerade in der Gruppe der weniger intelligenten Kinder besonders schwache sprachliche Leistungen im Vergleich zu Wenigsehern zeigten.

Siehe dazu auch den Online verfügbaren Text "Zum Einfluss des Fernsehens auf die Entwicklung von Sprach- und Lesekompetenzen von Kindern". Dort heißt es: "Bisher ist noch unklar, inwiefern das Fernsehen tatsächlich als Ursache für die schwächeren Sprach- und Leseleistungen der „Vielseher" betrachtet werden kann. Ebenso plausibel ist die Annahme, dass Kinder mit sprachlichen Defiziten lediglich das „leichtere" Medium Fernsehen als Freizeitbeschäftigung bevorzugen. (...) Im Zuge weiterer Forschungsarbeiten sollen daher potenziell relevante Merkmale des familiären Hintergrundes, wie z.B. der Anregungsgehalt der Umwelt oder das elterliche Engagement in schulischen Angelegenheiten mit berücksichtigt werden, da diese möglicherweise mit dem Fernsehkonsum von Kindern in Beziehung stehen."

Siehe auch Fernsehen und Gewalt und Ausmaß der Gewalt im Fernsehen bzw. Medien und Psychologie

In einer Studie des Psychologischen Instituts der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Myrtek & Scharff 2000) wurden unter Alltagsbedingungen die körperlich-emotionalen Auswirkungen von Fernsehen auf 200 Schüler untersucht. Bei diesem Versuch trugen die Schüler über einen Zeitraum von 23 Stunden ein tragbares Datenerfassungsgerät, das über Messelektroden die Veränderung der Herzfrequenz und Bewegungsaktivität erfasste. Zusätzlich wurden die Schüler etwa alle 15 Minuten aufgefordert, ihr momentanes Befinden und Verhalten per Knopfdruck in das Gerät einzugeben.

Man konnte damit nachweisen, dass Vielseher nicht nur emotional schwächer auf das Fernsehen reagieren als Wenigseher, sondern auch schlechtere Schulleistungen erbringen, vor allem im Fach Deutsch. Auch litt darunter die Kommunikation mit Freunden und Familienmitgliedern. Im Vergleich zur Schulzeit war die Freizeit emotional stärker beanspruchend, wobei dem Fernsehen eine zentrale Rolle zukam. Vielseher stumpften den Fernsehinhalten gegenüber stärker ab als Wenigseher. Im Gegensatz dazu empfanden die Vielseher in der Schule mehr "Stress" als die Wenigseher und und erbrachten schlechtere Leistungen, besonders im Fach Deutsch.

Fernsehwirkung bei Erwachsenen

Es gibt noch wenig Forschung über die Auswirkungen des Fernsehverhaltens von älteren Erwachsenen bzw. ob dieses Sehverhalten von Erwachsenen mit einem Rückgang der kognitiven Leistung verbunden ist. Daten der English Longitudinal Study of Aging (3.662 Erwachsene ab 50 Jahren) zum Zusammenhang zwischen Fernsehen und der Kognitionsleistung sechs Jahre später zeigten, dass mehr als 3,5 Stunden pro Tag fernzusehen mit einem Rückgang des verbalen Gedächtnisses Jahren verbunden ist, unabhängig von möglicherweise moderierenden demographischen Faktoren wie sozioökonomischem Status, Depressionen oder körperlicher Gesundheit. Je mehr ein Teilnehmer das Medium nutze, desto mehr hatte das verbale Gedächtnis im Vergleich zum Ausgangswert abgebaut. Auch konnte der Abbau des verbalen Gedächtnisses nicht allein mit Bewegungsmangel erklärt werden, was oft vermutet wird. Zusätzlich waren das weibliche Geschlecht, geringer Bildungsgrad, geringer sozialer Status und soziale Isolation mit erhöhtem Fernsehkonsum verbunden.

Suchpotential von Fernsehserien

Scheurer & Ernst (2016) bzw. Scheurer, Ernst & Rothlauf (2016) haben in Untersuchungen zum Suchtpotential von Serien wie Game of Thrones festgestellt, dass vor allem die Identifikation mit Serienhelden zur Abhängigkeit führen kann. Hinzu kommt, dass durch Streaming-Dienste zu jeder Tages- und Nachtzeit auf beliebig viele Unterhaltungsmedien zugegriffen werden kann, sodass die Beziehung bzw. die Identifikation der ZuschauerInnen zu den Charakteren einer Fernsehserie für die Entwicklung eines starken sozialen Zugehörigkeitsgefühls sorgt. Die Zuschauerinnen und Zuschauer betrachten die Figuren der Serien als vertraute Freunde, an deren Leben sie gefühlten Anteil haben, und wollen mit der Zeit immer mehr davon. Eine solche Beziehung zu fiktiven Figuren wird vor allem dann aufgebaut, wenn die Zuschauerinnen und Zuschauer Parallelen zu ihrer eigenen Person finden oder ihr Leben mit dem der Serienfigur vermischen. Das führt u. a. zum Binge Watching, also zum Betrachten mehrerer Serienfolgen am Stück. Bei solchen Serien fühlen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer akzeptiert und weniger alleine, sie können deshalb nicht aufhören, sich eine bestimmte Fernsehserie immer weiter anzusehen. Eine Vielzahl dieser Sendungen basiert auf Drehbüchern, bei denen häufig Konflikte sozial oder gesellschaftlich benachteiligter Menschen im Fokus stehen. Es zeigte sich auch, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Sucht nach Reality TV zu entwickeln, höher ist, wenn die Menschen ein geringes Selbstwertgefühl besitzen, während bei Menschen mit einer hohen Selbstakzeptanz dagegen andere Faktoren eine größere Rolle spielen, wie etwa das soziale Zugehörigkeitsgefühl, das ebenfalls die Sucht nach Fernsehserien begünstigt. So dient Reality TV auch dazu, dass die ZuschauerInnen ihre eigene Lebenssituation mit dem Leben von weniger erfolgreichen Personen, die im Fernsehen dargestellt werden, vergleichen, um dadurch ihr subjektives Wohlbefinden zu steigern.

 


Babys und Kleinkinder vor dem Bildschirm

Eine Untersuchung der University of Washington hat ergeben, dass knapp 90 Prozent der Kinder unter zwei Jahren sowie 40 Prozent der Kleinkinder unter drei Monaten regelmäßig fernsehen, DVDs oder Videos betrachten. Langzeitstudien zeigen, dass Kinder unter drei Jahren, die über drei Stunden täglich fernsehen, dauerhafte Defizite aufweisen. Maya Götz (Internationales Zentralinstituts für Jugend- und Bildungsfernsehen, München) hat nun untersucht, wie sinnvoll Babyfernsehen ist, denn Videokassetten mit Babyfernsehen versprechen den Eltern intelligentere und aufgewecktere Kinder. Danach ist Fernsehen für Kinder unter eineinhalb Jahren ein Spektakel der Bilder bleibt, denn sie erkennen nur das, was sie aus dem Alltag kennen, wie zum Beispiel die eigene Mutter. Ab 12 Monaten verstehen sie grundlegende Emotionen einem Gegenstand gegenüber, etwa Marken und Werbung. Geschichten zu folgen ist ihnen dann aber noch immer nicht möglich. Erst ab dem Alter von vier Jahren erkennen Kinder einen Unterschied zwischen Werbung und Sendung. Die Absicht, dass ihnen etwas verkauft werden soll, verstehen sie erst im frühen Volksschulalter. Via Fernsehen vorgeführte Verhaltensweisen werden aber bereits in jüngeren Jahren nachgeahmt, sowohl Positives wie 'Bitte' sagen, als auch Negatives wie zuschlagen.

In Kalifornien, vor allem im Silicon Valley, boomen die Waldorfschulen, denn diese vor über hundert Jahren in Deutschland entwickelte Schulform gilt in der Heimat der digitalen Revolution als richtungweisender Schritt in eine gelingende Zukunft. In der Waldorfpädagogik in den USA ist alles, was auch nur nach IT aussieht, bis in die Oberstufe verboten. Da etwa 75 Prozent der Eltern in der IT-Branche tätig sind, sind offenbar auch die IT-affinen Eltern zur Überzeugung gelangt, dass ihre Kinder mit Smartphones, Tablets & Co. die Welt nicht so gut wortwörtlich begreifen, wie durch eine auf alle Sinne fokussierte Pädagogik. Einschlägige Studienergebnisse legen einen Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und Bildungserfolg nahe, denn je früher und je mehr Zeit ein Kind vor dem Bildschirm verbringt, desto schwächer sind seine Lernerfolge. Problematisch scheint dabei die Digitalisierung vor allem für das Lern-Dreieck aus Aufmerksamkeit, Konzentrations- und Merkfähigkeit, wobei mit jeder Stunde vor dem Bildschirm bei Vorschulkindern die Gefahr von Konzentrationsschwierigkeiten steigt.

Wir lernen schnell grossplakat
[Bildquelle: By Manfredspies (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons]

Pränatales Fernsehen

Wenn sich die schwangere Mutter regelmäßig eine Soap-Opera ansieht, dann kann beim Erklingen der Titelmelodie erhöhte Aktivität des Embryos nachgewiesen werden. Später lassen sich die Kinder dann durch diese Melodie beruhigen.

Literatur

Götz, Maya (2007). Fernsehen von -0,5 bis 5. Eine Zusammenfassung des Forschungsstands. TelevIZIon, 20/1, 12-17.
http://origin-www.br-online.de/jugend/izi/deutsch/publikation/televizion/20_2007_1/goetz_solo.pdf (08-05-06)

Fancourt, Daisy & Steptoe, Andrew (2019). Television viewing and cognitive decline in older age: findings from the English Longitudinal Study of Ageing. Scientific Reports, 9, doi:10.1038/s41598-019-39354-4.

Maren Scheurer & Claus-Peter H. Ernst (2016). A Study on the Role of Self-Esteem in Reality TV Addiction. “Séries et Dépendance II” in Paris, 8-10 December 2016.

Maren Scheurer, Claus-Peter H. Ernst & Franz Rothlauf (2016). TV Series Characters Are Almost Like Friends to Me – On the Influence of Perceived Belonging on TV Series Addiction. “Séries et Dépendance II” in Paris, 5-6 February 2016.

Myrtek, Michael & Scharff, Christian (2000). Fernsehen, Schule und Verhalten: Untersuchungen zur emotionalen Beanspruchung von Schülern. Bern: Hans Huber.

Roseberry , Sarah, Hirsh-Pasek, Kathy, Parish-Morris, Julia & Golinkoff, Roberta M. (2009). Live Action: Can Young Children Learn Verbs From Video? Child Development, 80, 1360 - 1375.
Schiffer, Kathrin, Ennemoser, Marco & Schneider, Wolfgang (2002). Die Beziehung zwischen dem Fernsehkonsum und der Entwicklung von Sprach- und Lesekompetenzen im Grundschulalter in Abhängigkeit von der Intelligenz. Zeitschrift für Medienpsychologie, 14, S. 12-13.

Unter Verwendung von

Spitzer, Manfred (2005). Vorsicht Bildschirm!
WWW: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2005/0827/magazin/0002/ (05-09-26)

Stangl, Werner (2001). [stangl] test: intelligenz - was ist das? .
WWW: https://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/testintelligenzwasistdas.html (05-09-26)



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