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Lernstile nach Pask

Das Modell von Pask (1976, 1988) geht wie andere Konzepte von einem dualistischen Ansatz aus und unterscheidet nach der Art und Weise des Entwicklungsverlaufs im Hinblick auf Abstraktionen aus konkreten Erfahrungen und Einzelheiten zwischen Serialisten (die stufenweise aus Konkretionen zu Abstraktionen gelangen) und Holisten (die laufend zwischen Konkretionen und Abstraktionen interferieren) sowie Versatilen, die (wohl kontextbezogen) beide Muster anwenden können.

Pask & Scott (1972) führten Experimente durch, in denen die Probanden etwa die Aufgabe hatten, zwei Arten „Marsianischer Tiere“, also rein fiktive Lebewesen, zu identifizieren. Eine solche Aufgabe war erst dann gelöst, wenn der Proband ein bestimmtes Klassifikationssystem entwickelt hatte, wobei Pask ähnlich wie Piaget in seinen Versuchen vor allem daran interessiert war, wie die Probanden dieses Ziel erreichten und welche Strategien sie dafür nutzten. Pask benutzte dazu übrigens kein Selbsteinschätzungsinventar, sondern führte verschiedene komplexe Experimente durch, um die Problemlösungsprozesse weiter offen zu legen.

Auf Grund der Strategien unterschied Pask Serialisten und Holisten. Serialisten befassen sich zunächst mit Einzelaspekten eines Sachverhalts und achten sehr auf Details, während Holisten global vorgehen, d.h., zunächst das Gesamtbild betrachten. Pask nahm an, dass diese Strategien ein Ausdruck allgemeiner kognitiver Lernstile wären, die er als comprehension learning (holistische Strategie) und operation learning (serialistische Strategie) bezeichnete.

Neben den Lernern, die holistisch oder seriell lernten, gab es auch solche, die ihr Lernverhalten der Lernsituation anpassten, wobei er diese Gruppe als Versatile (Wendige) bezeichnete. Um etwas zu lernen oder um eine Aufgabe zu verstehen, ist es nach Pasks Ansicht erforderlich, über beide Strategien zu verfügen, wobei erfolgreiches Lernen hingegen ausgeschlossen ist, wenn sich eine Überzeichnung in einer der beiden Lernausrichtungen zeigt: während bei Holisten die Gefahr gewisser Übergeneralisierungen und frühzeitiger Schlussfolgerungen besteht (globetrotting), laufen Serialisten Gefahr, sich mit dem Verstandenen zufrieden zu geben, ohne zu versuchen, es in einen größeren Zusammenhang einzuordnen (improvidence).

Später zeigte Pask (1976), dass Lernende dann gute Ergebnisse erzielen, wenn sie einen lernstilgerechten Unterricht bekommen und wesentlich schlechtere Ergebnisse zeigen, wenn der Unterricht nicht ihrem persönlichen Lernstil entgegen kommt. Pask geht differenziert davon aus, dass Holisten auch mit serialistischen Lehrangeboten zurecht kommen, während Serialisten bei holistisch aufbereiteten Angeboten Probleme haben.

Zur Person

Andrew Gordon Speedie Pask wurde am 28. Juni 1928 in Derby, Großbritannien, geboren. Nach einer Ausbildung zum Bergbauingenieur in Liverpool ging er nach Cambridge, wo er einen Abschluss in Natural Sciences machte. 1964 promovierte er in London in Psychologie. Er spielte eine wichtige Rolle in der Verbreitung und Entwicklung der Kybernetik in Großbritannien, unter anderem von 1976 bis 1979 Vorsitzender der britischen Gesellschaft für Kybernetik. Gordon Pask galt als Dandy, der gerne mit Drogen experimentierte und die Nacht zum Tag machte. Heinz von Förster nannte ihn Mr. Kybernetik, den Kybernetiker unter den Kybernetikern. Seine Tochter Amanda Heitler nannte ihn einfach nur G, weil sie es als Tochter nicht besonders witzig fand, dass seine Schüler ihren Vater Gott nannten. Sein Ego war schon ausgeprägt genug. Gäste empfing er stets nur am späten Nachmittag. Und selbst dann mussten sie sich gedulden, denn ein Tag - oder eben Abend - begann bei Gordon Pask immer erst mit einem Ritual: acht Mal die Stiegen ab und auf. Warteten keine Gäste, wiederholte er die Zeremonie vor dem Haus auf der Straße. Er starb am 29. März 1996 in London.

Gordon Pask arbeitete an zahlreichen Forschungsprojekten rund um Themen wie Lehr- und Lerntheorie, Architektur, Wissensgewinn und -darstellung, Konversation und Interaktion sowie an Studien zur Untersuchung individueller Lernstrategien. Vor diesem Hintergrund entwickelte er ein Lernstrategiekonzept, dem zufolge die Aneignung von Wissen in einer offenen Lernsituation auf der grundlegenden kognitiven Kompetenz des Einzelnen beruht. Dabei beruht Pasks Konzept auf dem Gedanken seiner systemischen bzw. konstruktivistischen Konversationstheorie, nach der sich Lernen als systemischer Vorgang aus zwei essenziellen Komponenten, dem Einvernehmen zwischen zwei beteiligten Akteuren und dem konzeptuellem Verstehen, zusammensetzt. Hierbei entspricht der Aspekt des Einvernehmens in etwa dem, was unter Verstehen begriffen wird − der Übereinkunft bezüglich eines Sachverhalts zwischen Lehrendem und Lernendem auf verbaler Ebene (diese Komponente spiegelt solipsistisch betrachtet jedoch lediglich Routine oder kurzzeitiges Lernen wider). Um vom Lernen eines Inhalts unter den Bedingungen der Konversationstheorie sprechen zu können, muss gleichzeitig der Aspekt des konzeptuellen Verstehens im Sinne der Anwendbarkeit der einem Konzept zugrunde liegenden Beziehungen und Verknüpfungen erfüllt sein. Die Akteure, die in einem vorliegenden Kontext aus Lehrendem und Lernendem bestehen, können hierbei durchaus in Form unterschiedlicher mentaler Operationsmodi in ein und derselben Person verortet sein.

Die Konversationstheorie, an der Gordon Pask sein Leben lang arbeitete, war eher eine Lerntheorie, denn Lernen bedeutete für Pask nicht Drill und Fakten zu pauken, sondern eben Konversation, das Gespräch miteinander. Seine Konversationstheorie war ein Versuch, in ein formal und rigoros organisiertes System etwas einzuführen, das unterschiedliche Herangehensweisen an ein Thema zulässt. Zwar haben zwei Menschen, die miteinander reden. ein anderes Verständnis von den Dingen der Welt, aber trotzdem sind sie in der Lage miteinander zu reden. Die Konversationstheorie baut auf diese Tatsache auf und versucht eine Möglichkeit zu finden, ein derartiges Gespräch auch mit einer Maschinen zuzulassen. Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, dann laufen wir Gefahr selbst mechanisiert zu werden. In den 1960er Jahren versuchte Gordon Pask deahalb ähnlich wie der Medientheoretiker Marshall McLuhan, herauszufinden, welchen Einfluss Maschinen auf den Alltag der Menschen haben bzw. haben werden. Als Joseph Weizenbaum 1965 das Computerprogramm Eliza entwickelte, um zu beweisen, dass die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine in natürlicher Sprache möglich sei, arbeitete auch Gordon Pask als gelernter Psychologe an vergleichbaren Experimenten. "Entailment mesh" nannte Gordon Pask ein Konzept seiner Konversationstheorie, mit der er die Grundlagen von Hypertext bereits vorweggenommen hat, mit dem unterschiedliche Themengebiete auf vielfältige Weise miteinander verknüpft werden konnten. Aber vor allem ging es Gordon Pask darum, dass der Lernende selbst seinen Weg durch die Informationen bestimmt. Er entscheidet, womit er beginnen und wie er weiter vorgehen will. Pask verfolgte das Ziel, Informationen auf so vielfältige Arten zu organisieren, dass jeder Mensch je nach seiner Facon lernen kann. Obwohl Gordon Pask selbst Lernmaschinen baute, wehrte er sich gegen die in der Hochblüte der Automatisierung weit verbreitete Meinung, dass Computer eines Tages die Lehrer ersetzen würden. Er protestierte auch vehement gegen eine Vereinnahmung seiner Arbeiten durch Forscher aus dem Gebiet der Artificial Intelligence. Gordon Pask war keinesfalls davon überzeugt, dass Maschinen intelligente Wesen sein könnten, denn dafür fehlt ihnen die notwendige Emotion. Eine derartige Vorstellung ließe sich nur umsetzen, indem man Menschen zu Maschinen degradiere und auf mechanische Eigenschaften reduziere.


Literatur:

Pask, Gordon (1976). Styles and Strategies of Learning. British Journal of Educational Psychology, 76, S. 128-148.

Pask, Gordon (1988). Learning Strategies, Teaching Strategies, and Conceptual or Learning Style (S. 83-100.). In Schmeck, Ronald R. (Hrsg.), Learning Strategies and Learning Styles. New York: Plenum Press.

Pask, G. & Scott, B.C.E (1972). Learning Strategies and individual competence. International Journal of Men-Machine Studies, 4, 217-253.

http://www.fuzo-archiv.at/artikel/291828v2 (09-12-31)

Siehe zu diesem Thema auch

Weitere Literaturquellen



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