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Wie können Lehrer das Lernen verbessern?

Die Gestaltung des Unterrichts wird von zahlreichen Faktoren bestimmt. Nicht nur die Inhalte selbst spielen hierbei eine wichtige Rolle, sondern auch die Motivation der Schüler, deren Wissensstand und das Lernsetting selbst. So sind Lehrer von heute stark gefordert, wenn sie im Klassenverband für ein einheitliches Lernen und eine zielgerichtete Entwicklung sorgen möchten. Auch der Alltag der Schüler ist in diesem Zusammenhang ein entscheidendes Detail. Nur Schüler, die auch außerhalb der Schule ihr Potenzial erkennen und entfalten können, lernen mit Freude. Verschiedene Bildungsziele erfordern unterschiedliche Unterrichtsmethoden, denn Schule und Unterricht verfolgen unterschiedliche Ziele, d. h., neben inhaltlichem Basiswissen werden auch Allgemeinbildung, Schlüsselqualifikationen, formale Lernkompetenzen, Sozialkompetenzen und Wertorientierungen in den Blick genommen. Es muss darauf hingewiesen werden, dass unterschiedliche Bildungsziele unterschiedliche Lehr-Lern-Arrangements erfordern, d. h., jegliche Monokultur, jede Verabsolutierung eines bestimmten Unterrichtsstils ist deshalb unangemessen.

Stundentaktung

Obwohl der 45-Minuten-Takt in Klassenzimmern noch gang und gäbe ist, sind sich die meisten Schulforscher einig: Die Stückelung des Unterrichts in 45-Minuten-Einheiten ist mit den neuen Forschungsergebnissen der Hirn- und Lernforschung nicht vereinbar. Einzelheiten wie Vokabeln, Geschichtszahlen, Merksätze oder Multiplikationstabellen werden demnach am besten in Zehn-Minuten-Einheiten gelernt, vernetzte naturwissenschaftliche Zusammenhänge hingegen am besten in dreistündigen Portionen.

Übrigens: Bis zum 13. Lebensjahr lernen Kinder messbar am besten, wenn sie dabei bäuchlings auf dem Teppich liegen oder ihre Position beim Lernen frei variieren dürfen. Schüler über 14 lernen besonders gut an einem Stehpult oder wenn sie auf einem Stuhl sitzen.

Einfluss auf die Alltagsgestaltung nehmen

Der Alltag zahlreicher Schüler ist heute von digitalen Medien geprägt. Laut des Digitalverbandes Bitkom beschäftigen sich schon 93 Prozent der Jugendlichen ab einem Alter von zehn Jahren täglich 104 Minuten mit Videospielen. Auch das Internet nimmt laut Studie einen immer wichtigeren Einfluss. 94 Prozent der Kinder zwischen zehn und elf Jahren sind bereits 22 Minuten täglich im Internet unterwegs. Bei älteren Jugendlichen steigt dieser Wert, denn hier sind es durchschnittlich bereits 115 Minuten Internetnutzung täglich.

Demotivation im Unterricht hat ihren Ursprung häufig im Alltag

Die ständige Beschäftigung mit Smartphone, PC und Spielekonsolen beeinflusst die Konzentrationsfähigkeit und die Motivation der Schüler jedoch immens. Kinder und Jugendliche, die einen großen Teil ihrer Freizeit mit digitalen Medien verbringen, sind in der Schule daher häufig weniger leistungsfähig. Lehrer sollten sich diesen Umstand bewusst machen und konkret an der Alltagsgestaltung ihrer Schüler mitwirken. Dies gelingt beispielsweise durch abwechslungsreiche Arbeitsaufträge, für die die Schüler das gewohnte Umfeld verlassen und in der Natur oder in Büchereien recherchieren müssen. Lehrern ist es durch den Einsatz solcher Arbeitsaufträge möglich, ein wenig mehr Bewegung und Vielseitigkeit in das Leben ihrer Schüler zu bringen, was sich langfristig auch auf die Lernerfolge innerhalb der Klasse auswirken kann.


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Bewegung

Wenn Schüler eine Stunde Mathematik hatten, sollten sie sich danach 20 Minuten bewegen. Wenn direkt vor einer Mathematik-Stunde eine weiteres kopflastiges Fach unterrichtet wurde, bleibt der neue Stoff nur halb so gut im Kopf haften als nach einem Bewegungs- oder Kunstangebot. Wenn auf Mathematik Chemie oder Latein folgt, bleibt nur ein Drittel so viel vom Mathematik-Stoff hängen, als wenn auf Sport oder künstlerisches Arbeiten folgt. Wer stundenlang für eine schwere Klausur lernt und abends noch ein wenig Rad fährt oder Fußball spielt, hat demnach bessere Karten als ein Kind, dass vor dem Fernseher geparkt oder früh ins Bett geschickt wird.

Leichter Stress fördert das Lernen

Leichter, anregender Stress gilt als lernfördernd. Es ist deshalb nachteilig, wenn Lernen zu entspannt und kuschelig ist und ohne jegliche Anstrengung auf niedrigstem Niveau passiert. Lernen muss – zumindest mit Beginn des 4. Lebensjahres – als positive Anstrengung und Herausforderung empfunden werden. Jedoch führt starker Stress, verbunden mit Versagensangst und einem Gefühl der Bedrohung seitens des Lehrers, hingegen zu starker Hemmung des Lernerfolgs.

Moderne Impulse aufgreifen

Wie bereits erwähnt, ist das Internet für Kinder und Jugendliche heute ein unverzichtbares Medium. Lehrer sollten hiervor nicht die Augen verschließen, sondern diese Tatsache für sich nutzen. So macht es durchaus einen Unterschied, welche Seiten ein Schüler im Internet besucht. Recherchiert er für ein Referat, statt in sozialen Netzwerken zu surfen, gewinnt die Internetnutzung einen Mehrwert, der sich auch im Schulleben niederschlägt.

Lehrer sollten die Lust auf das Internet also insofern nutzen, als dass sie ihren Schülern konkrete Arbeitsaufträge geben, für deren Bewältigung das Web genutzt werden muss. Die Schüler werden im Umkehrschluss sehr viel motivierter an diese Aufgaben herangehen, da ihre Lehrkraft den Wunsch nach digitalen Medien aufgreift und in den Unterricht integriert.

Motivation und Belohnung

Schulisches Lernen klappt am besten mit Belohnung. Kinder müssen früh die Erfahrung machen, dass Lernen etwas Nützliches oder Schönes ist. Werden Lernen und Schule dagegen früh als mühselig und lästig empfunden oder heruntergemacht, werden Kinder demotiviert. Schüler können nur das effektiv lernen, was sie für wichtig halten, daher muss der Stoff für Schüler wichtig gemacht und mit Positivem verknüpft werden, etwa mit Zukunftsperspektiven, Humor, Bewegung und Musik oder mit einem Rollenspiel.

Eltern beraten und den Kontakt suchen

Auch wenn Lehrer durchaus Einfluss auf das Leben ihrer Schüler nehmen können, sind es letztlich die Eltern, die den Tagesablauf und die Aktivitäten bestimmen. Der Kontakt zwischen Lehrern und Eltern ist daher ein besonders wichtiges Detail der Lehrtätigkeit. Beschränken sich die Berührungspunkte jedoch auf einen Elternsprechtag pro Jahr, ist der Einfluss des Lehrers sehr begrenzt. Wirksamer sind regelmäßig stattfindende Elternabende und persönliche Gespräche, die nicht nur die schulischen Inhalte thematisieren, sondern auch das Privatleben der Schüler. So können Lehrer interessierten Eltern gute Ratschläge zur Gestaltung des Alltags geben, Bücher empfehlen und auch Fragen zur Entwicklung ihrer Schüler weitaus individueller beurteilen.

Ein Thema könnte hier unter anderem der Umgang mit Geschenken und Konsum sein. Ein überladener Jugendlicher, dem es an kaum etwas fehlt, ist nicht zwingend ein guter Schüler. Geschenke für Jugendliche sollten daher auch erlebnisreiche Aspekte umfassen. Statt einer weiteren Spielekonsole oder einem neuen Computer könnten Eltern dank der Inspiration durch die Lehrkraft zu ganz neuen Ideen finden und somit den Alltag ihrer Kinder abwechslungsreicher gestalten. Zum Einfluss, den Lehrer auf das Leben ihrer Schüler haben können, hat die Zeit ein interessantes Interview veröffentlicht.

Wertschätzend kommunizieren

Der Erfolg innerhalb der Klasse hängt stark davon ab, wie positiv die Eigenwahrnehmung der Schüler ist. Fühlen sich die Kinder und Jugendlichen nicht geschätzt und haben sie nur wenig Zugang zu ihren persönlichen Ressourcen, so wirkt sich dies auf ihre Arbeitsweise, ihre Lernwilligkeit und die Lernfähigkeit aus. Lehrer können hier durchaus viel bewirken, indem sie eine wertschätzende Kommunikation in den Schulalltag einfließen lassen. Schülern wird hierdurch verdeutlicht, dass sie unabhängig von ihren Leistungen wertvolle Menschen sind, die Achtung und Respekt verdient haben.

Dies wirkt sich auch auf das soziale Gefüge innerhalb der Klasse aus. Schüler, die einen wertschätzenden Umgang seitens der Lehrkraft erfahren, sind auch untereinander freundlicher und hilfsbereiter.

Frontalunterricht ist in der Fachwelt umstritten, doch viele Bildungsforscher sehen ihn nach Auswertung internationaler Vergleichsstudien nach wie vor als wirksamste Unterrichtsform. Viele Lernpsychologen und Hirnforscher kommen zu anderen Ergebnissen, denn jahrgangsübergreifende Lernfamilien, Partnerarbeit, Lernen in eigenem Tempo sowie Spielen und Arbeiten am Computer sind vielversprechender. Vor allem gilt: Schüler lernen von anderen Schülern etwa doppelt so viel wie von Lehrern.

Wie gut und wie erfolgreich Unterricht ist, sowohl im Sinne seiner Prozesse als auch seiner Ergebnisse, muss schon aus Gründen der Fairness immer im Hinblick auf die vorgefundenen Rahmenbedingungen relativiert werden. Fachunterricht in einer Schule im „sozialen Brennpunkt“ und in Klassen mit geringem Vorkenntnisniveau ist schwieriger. sodass schon kleinste Erfolge in solchen Klassen ein Indiz für guten Unterricht sein können. Für die Beurteilung des Erfolges einer Klasse kommt es also darauf an, ob das Leistungsniveau oder ein anderes Zielkriterium in einer Klasse höher ist, als man in Anbetracht der Rahmenbedingungen erwarten würde.

Berücksichtigung der individuellen Eingangsvoraussetzungen

Unterricht ist lediglich ein Angebot, das nicht direkt und linear wirkt, sondern nur dadurch, dass es von SchülerInnen in geeigneter Weise genutzt wird. Unterrichtsangebote können verpuffen oder versickern, wenn sie nicht motivationale und kognitive Prozesse auf Schülerseite anstoßen, zu Lernaktivitäten führen. Diese können sowohl im Unterricht als auch außerschulisch angesiedelt sein. Ob, wie intensiv und wie nachhaltig Unterricht Lernaktivitäten anstößt und aufrechterhält, dies hängt in entscheidendem Maße von den sprachlichen, intellektuellen und motivationalen Eingangsvoraussetzungen auf Seiten der SchülerInnen ab.

Individualität durch Differenzierung

Ein oft genanntes Problem bei der Gestaltung des Unterrichts und des schulischen Alltages ist die mangelnde Zeit. Lehrer von heute haben nur selten Raum für die Arbeit mit dem einzelnen Schüler, da die Klassenstärken steigen und die Differenzen im Lernstatus der Kinder und Jugendlichen immer deutlicher werden.

Individuelle Lernmaterialien begegnen Schülern besser

Dennoch bietet das differenzierte Arbeiten wichtige Vorteile für die eigene Lehrtätigkeit. Lehrer, die ihren Schüler individuelle Pläne schreiben und ihnen die Zeit und Instrumente geben, die sie zum Lernen brauchen, sind allgemein erfolgreicher. Hierfür genügt es gelegentlich schon, den Schülern verschiedene Materialien zu geben, an denen sie sich ausprobieren können. Dass die Kluft zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülern durch Differenzierung noch größer wird, ist dabei nicht der Fall. Viel eher können die Jugendlichen und Kinder durch das individuelle Eingehen auf ihre Fähigkeiten und Bedürfnisse besser arbeiten und den Anforderungen des Lehrplans zielgerichteter folgen.

Literatur & Quellen

Helmke, A. (2006). Was wissen wir über guten Unterricht? Pädagogik, 2, 42-45.

http://www.news4teachers.de/2016/02/fuenf-dinge-mit-denen-lehrer-das-lernen-verbessern/ (16-02-29)

http://www.news4teachers.de/2016/03/wie-bringt-man-das-gehirn-von-schuelern-zum-lernen-was-hirnfoscher-auf-dem-schulleiterkongress-verraten/ (16-02-29)



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